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»Kronjuwel des Systems« (Teil 2)





Die Zuhörer lauschten nachdenklich Bellos Vortrag über die Machenschaften der Finanzeliten


Zehn Jahre vor Hongkong sah die Welt aus Sicht der Verfechter der Globalisierung noch anders aus, Bello spricht von einer Phase des Triumphialismus der Globalisierung. So hatte Margret Thatcher nach dem Zusammenbruch des Sozialismus die Parole TINA ausgegeben: »There is no Alternative«. Es gebe keine Alternative zum globalen Kapitalismus, frohlockte die damalige britische Premierministerin. »Je weniger Einschränkungen für den Markt, desto mehr Wohlstand für alle«, war die Devise. Entsprechend wurde die 1995 aus dem »General Agreement in Trade and Tarifs« (GATTS) hervorgegangene WTO als Heilsbringer verstanden. Sie hatte Zähne, wie Bello sagt, konnte weit reichende Sanktionen verhängen.


Auch 1995 in Singapur war Walden Bello dabei. »Es sah damals danach aus, als ob alles in Richtung Globalisierung läuft«, erinnert er sich. »Und die WTO sollte das Kronjuwel dieses Systems sein«. Viele Konzernvertreter seien da gewesen, aber auch Vertreter der Zivilgesellschaft. »Wir sahen damals schon, dass Liberalisierung und Strukturanpassung das Gegenteil von dem brachten, was versprochen wurde«, erinnert sich Bello.


Weg in die Krise

Heute sei das Globalisierungsprojekt in einer Krise, erklärt Bello, einer Krise der Glaubwürdigkeit, der Legimitation. Die Nutznießer der Globalisierung seien transnationale Konzerne, die Institutionen WTO, IMF und Weltbank würden stillstehen. Er macht vier Stationen auf dem Weg der Globalisierung vom Hype in die Krise aus.

Der erste Meilenstein sei die asiatische Finanzkrise 1997 gewesen, als die Volkswirtschaften mehrerer südostasiatischer Staaten zusammenbrachen. »Das waren die Kraftwerke der Wirtschaft«, beschreibt Bello den Status der Länder zwischen Taiwan und Südkorea. »Es gab zuvor ein großes Interesse des Nordens und des Spekulationskapitals, sich an diesem Wirtschaftswunder zu beteiligen, aber Handels- und Finanzschranken vereitelten diese Pläne«, erläutert er weiter. Anfang der 90er Jahre habe sich aber das Interesse der dortigen Finanzeliten mit denen des IMF getroffen, die Schranken fielen, ausländisches Kapital konnte einfacher in die Region fließen.

Die Folge war, dass zwischen 1993 und 1995 etwa 100 Milliarden Dollar Spekulationskapital in die Region flossen. Durch das Überangebot an Kapital kam es schließlich zu Stagnation und Rezession, aufgrund der fehlenden Kontrollen im liberalisierten Markt konnten die Investoren ihr Kapital flugs wieder aus der Region abziehen. Die Folge war, dass wiederum etwa 100 Milliarden Dollar Südostasien verlassen haben. Die Volkswirtschaften brachen zusammen, Indonesien etwa leidet bis heute noch unter den Folgen. »In Thailand fielen daraufhin innerhalb weniger Wochen zwei Millionen Menschen unter die Armutsgrenze, in Indonesien gar 22 Millionen«, beschreibt Walden Bello die Auswirkungen der »Finanzkrise« auf die Menschen.