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»Kronjuwel des Systems« (Teil 3)



Stalingrad des Währungsfonds

Im Zusammenhang mit der Krise sieht Bello auch den »zweiten Meilenstein« der Krise der Globalisierung. Denn durch sie verlor der Internationale Währungsfonds seine Glaubwürdigkeit. »Als sich die Krise abzeichnete, beschloss der IMF Programme, die ihr entgegenwirken sollten, stattdessen verstärkten sie die Krise«, kritisiert der Soziologe. Statt antizyklische Maßnahmen zu ergreifen, forderte er ein Zurückfahren der staatlichen Ausgaben. »Die asiatische Finanzkrise war das Stalingrad des IMF«, sagt Bello. »Und davon hat er sich nie wieder richtig erholt«.

Angesichts der Rolle des IMF in Asien hätten sich viele an die (Un)Taten des Fonds in anderen Teilen der Dritten Welt erinnert. Dort hatte er seit den 80er Jahren gemeinsam mit der Weltbank so genannte Strukturanpassungsmaßnahmen durchgezogen. Insgesamt 90 Entwicklungs- und Schwellenländer waren davon betroffen. »Die Länder, die davon profitierten kann man an einer Hand abzählen«, analysiert Waden Bello.

Die dritte Station auf dem Weg der Globalisierung in der Krise ist für ihn die WTO-Tagung in Seattle 1999. »Da dämmerte den Entwicklungsländern, was sie 1994 unterschrieben hatten«, begründet Bello das Scheitern der Verhandlungen in den USA, die von massiven Protesten begleitet waren. 1994 seien die Entwicklungsländer in die WTO gezwungen worden. »Man sagte ihnen, wenn ihr jetzt nicht beitretet, kommt ihr nicht mehr so leicht rein. Sonst geht es euch wie Nordkorea, das im Welthandel isoliert«, beschreibt Bello die »Argumente« des Nordens. Nachdem die Entwicklungsländer in Seattle erkannten, dass der liberalisierte Welthandel ihre Entwicklung behindert und nicht voran bringt und zudem auch Europa und die USA miteinander um freien Handel stritten, wurde die WTO selbst in den Mainstream-Medien in Frage gestellt.

Der letzte große Schritt in die Krise der Globalisierung führte schließlich nach Argentinien, 2002 erklärte der Musterschüler der Globalisierung den Staatsbankrott. Zuvor hatte das Land die Hälfte seiner Banken an ausländische Investoren verkauft, den Peso an den Dollar gekoppelt. Manche forderten gar die Einführung des Dollars als Landeswährung. »Damit hätte Argentinien sämtliche Puffer zwischen der instabilen Weltwirtschaft und seiner eigenen Ökonomie aufgegeben«, beschreibt Walden Bello die Folgen. Obwohl im Jahre 2001 die Staatsverschuldung bei 140 Milliarden Dollar lag, wollte der Musterschüler seine Schulden pünktlich zurückzahlen. Der daraus folgende Staatsbankrott hatte weltweite Auswirkungen.

Dass schließlich unter George W. Bush neoliberale Rhetorik der USA nationalistisch-protektionistischem Handeln gegenüberstand verschärfte die Krise der Globalisierung. »Sie fordern Schutz des US-Marktes und alle anderen sollen ihre Märkte öffnen«, beschreibt Walden Bello die Diskrepanz. Zudem habe sich die US-Wirtschaft on der Wall Street zum militärisch-industriellen Komplex verlagert, der naturgemäß nicht liberalisiert werden kann.

»Noch bleibt die Globalisierung mangels Alternative an der Macht, aber die nächsten sechs Monate sind entscheidend«, prognostiziert der Soziologe. Er verwendet eine Metapher aus einem Western. »Wahrscheinlich kennen sie das Bild: Der Lokführer wurde erschossen, hat die Hand aber immer noch am Gashebel«, veranschaulicht Bello, wohin die Reise geht. Um den Zug zu stoppen hofft Bello auf die Zivilgesellschaft. Und auf eine Globalisierung der anderen Site: »Die NGOs in Europa und den Entwicklungsländern müssen stärker zusammen arbeiten«. Dann sei eine andere Welt möglich, schließt er seinen Vortrag mit dem Motto des Weltsozialforums in Porto Allegre, das einen ersten Schritt in diese Welt bedeutete.