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Erfahrungsraum für die ganze Familie (25.01.2006)





Weißenfeld und Rathsmann-Kronshage: In jedem Stadtteil ein Familienzentrum



Von Manfred Horn

Die Politik hat mal wieder die Kinder entdeckt. Auf Bundesebene streiten sich CDU und SPD darüber, ob die geplante Familienförderung nur für Doppelverdiener oder auch bei Einzelverdienerfamlien greift. Die schwarz-gelbe Landesregierung will Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren weiterentwickeln. Dafür soll in einer ersten Pilotphase in jedem Jugendamtsbezirk eine solche Einrichtung geschaffen werden, ab 2007 dann soll jede dritte der landesweit knapp 10.000 Tageseinrichtungen zu einem solchen Zentrum werden. 2,5 Millionen Euro will das Land bis 2007 dafür ausgeben, später könnten es nach den Plänen der Landesregierung 15 Millionen Euro jährlich werden.

Die Ratsfraktionen von Grünen und SPD reicht das nicht. Sie gehen mit einem eigenen Vorschlag in die Ratssitzung am Donnerstag. Der bewegt sich deutlich über dem einen Familienzentrum, dass die Landesregierung pro Bezirk zunächst plant – andererseits aber auch deutlich unter dem, was das Land ab 2007 machen will. Zehn Familienzentren will Rot-Grün in Bielefeld einrichten, und dies möglichst bald. Bereits in einem Jahr sollen erste praktische Ergebnisse vorliegen. Gleichwohl begrüßt Rot-Grün die Initiative des Landes, bezeichnet sie aber als einen »Tropfen auf den heißen Stein« und völlig unterfinanziert.

SPD und Grüne wollen Bielefeld zu einer Stadt machen, die für Familien attraktiv ist. Familien definiert sie dabei an der Realität: Nicht mehr nur die traditionelle mit Vater, Mutter und Kind, sondern auch Eineltern- oder Patchwork-Familien. Die Stimmen der Kinder seien die Zukunft, erklärt Regine Weißenfeld, SPD-Ratsmitglied und Vorsitzende des Jugendhilfe-Ausschusses. Schon länger seien Familien beziehungsweise eine familienfreundliche Politik nicht mehr weiche, sondern harte Standortfaktoren. Mit einem eigenen Pilotprojekt, nämlich zehn Familienzentren, sei Bielefeld ganz weit vorne. »Wir haben die Kompetenz dazu in dieser Stadt, warum sollen wir sie nicht nutzen?«, fragt Lisa Rathsmann-Kronshage, Vorstand der grünen Ratsfraktion und Vorsitzende des Sozial- und Gesundheitsausschusses.


Sprachkurse für Erwachsene in der Kita

Konkret wollen die beiden Fraktionen bestehende Kindertageseinrichtungen in ihren Angeboten erweitern – und dies möglichst kostenneutral. So soll es künftig auch medizinische und psychosoziale Beratungsangebote für Eltern geben. Auch soll die Elternbildung vorangetrieben werden. So könnten in der Kindertagesstätte auch Sprachkurse für Erwachsene angeboten werden. »Vielleicht nehmen die Mütter lieber teil, wenn sie wissen, ihr Kind spielt nebenan in der Gruppe«, mutmaßt Weißenfeld. Rot-Grün denkt auch an die Begegnung von Jung und Alt. »Alte und Junge könnten spielen, basteln und sich gegenseitig vorlesen«. Dies sei wichtig, weil die traditionelle Familie, wo die Oma dem Enkel vorliest, zur Ausnahme geworden sei.

Nicht nur die Eltern sollen rein in die Tagesstätte, die soll sich künftig auch flexibler zeigen. So könnten die Öffnungszeiten erweitert werden, orientiert an den Arbeitszeiten der Eltern. Die Räume könnten für Kindergeburtstage genutzt werden. Auch an eine Kinderstation für leicht erkrankte Kinder denken die beiden Fraktionen, damit nicht gleich ein Elternteil frei nehmen muss, wenn das Kind erkrankt. Oder warum nicht ein Kinderhotel in der Tagesstätte, wo die Kinder einmal im Monat für eine Nacht weilen? Ideen gibt es offenbar reichlich. Flexibilität sei für die Tagesstätten künftig wichtig. Deren Auslastung wird in den kommenden Jahren deutlich zurückgehen – immer weniger Kinder werden geboren. Also müssen sie sich etwas einfallen lassen, um sich am Markt zu behaupten.