Webwecker Bielefeld: unter25

Protest gegen Kürzungen bei unter 25-Jährigen (15.02.2006)



Die Bundesregierung berät zur Zeit Korrekturen am Sozialgesetzbuch II, das die Grundlage für Hartz IV darstellt. Leidtragende könnten Menschen unter 25 Jahren werden. Ihnen droht eine 20-prozentige Leistungskürzung und die Streichung des Geldes für das Wohnen.

Das Gesetzespaket der Bundesregierung umfasst unter anderem die Angleichung der Regelsätze Ost an die 345 Euro in den alten Bundesländern, die Wiederbelebung des Stiefelternunterhalts, die Halbierung der Rentenzahlungen für Arbeitslosengeld II (Alg II)-Beziehende und eine Neuregelung der Wohnraumsicherung wenn Wohnungslosigkeit droht.

Kernprojekt der Gesetzesänderung ist nach Auffassung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen und des Erwerbslosenvereins Tacheles aber die Hereinnahme der unter 25-jährigen erwerbslosen jungen Erwachsenen, die noch zu Hause wohnen, in die Bedarfsgemeinschaft ihrer Eltern. Damit würde deren deren Regelleistung um 20 Proezent auf 276 Euro im Monat gesenkt. Bislang wurde den jungen Erwachsenen noch eine eigene Haushaltführung zugestanden. Über den Umweg der Erweiterung der Bedarfsgemeinschaften auf bis 25-Jährige solle eine uneingeschränkte Unterhaltspflicht der Eltern konstruiert werden, die wesentlich restriktivergreift als die Unterhaltsregelung des Bürgerlichen Gesetzbuches, werfen die Erwerbslosenorganisationen der Bundesregierung vor.

Im Ergebnis werde den Eltern der Selbstbehalt gestrichen, um beispielsweise Schulden zu tilgen oder für notwendige Anschaffungen anzusparen, heißt es in der Erklärung der Initiativen weiter. »Die Unterhaltsverpflichtung wird so zur Armutsfalle«, kommentiert Harald Thomé vom Verein Tacheles die Regelung.

Um zu verhindern, dass die jungen Menschen von zu Hause wegziehen, soll vor dem Auszug die Genehmigung der Alg II-Behörde eingeholt werden, die nur in Ausnahmefällen,unter anderem bei »schwerwiegenden sozialen Gründen« zustimmen darf. Wer sich trotzdem vom elterlichen Haushalt verabschiedet, soll zur Sicherung der Existenz nur 80 Prozent der Regelleistung bekommen, die Leistungen für die Unterkunft entfallen dann ganz. »Wenn die Koalitionspläne durchgehen, wird der soziale Abstieg in von jungen Menschen billigend in Kauf genommen«, warnt Frank Jäger von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen. »Sie sind akutvon Obdachlosigkeit bedroht«, fügt er hinzu.

Die Neuregelung würde Familien und junge Erwachsene ihrer Selbstständigkeit berauben. Neben den Einsparungen in Höhe von 600 Millionen Euro jährlich gehe es den Befürwortern einer Herabsenkung der Regeleistung unter das Existenzminimum vor allem darum, durch die blanke Not die Aufnahme jeder Arbeit oder Arbeitsgelegenheit zu erzwingen, meinen die Initiativen. Dabei werden jungen Erwachsenen nach Einschätzung der Erwerbslosenorganisationen gleich in zweierlei Hinsicht als Versuchskaninchen missbraucht: Erstens solle erprobt werden, ob eine Kürzung der Regeleistung politisch durchsetzbar ist und zweitens sei diese zentraler Bestandteil der von den Unternehmensverbänden geforderten Arbeitsmarktpolitik nach dem Grundsatz »Erst Arbeit, dann Transfer«.Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen und der Erwerbslosenverein Tacheles rufen zum breiten Protest gegen diese Verschärfung auf.


Die vollständige Stellungnahme der BAG-SHI und Materialien und Link zum
Gesetzentwurf unter: www.alg-2.info/artikel/gesetzentwurf-0602