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Weiter Streit um Entlassung befristet Beschäftigter (Teil 2)



Verweigert die Stadt diesen Beschäftigten die Besitzstandsregelung, würden sie Lohneinbußen von bis zu 500 Euro monatlich hinnehmen müssen, wie die Grünen vorrechnen. Betroffen wären auch viele Erzieher, in der Regel Frauen. Durch den Trick mit der vorübergehenden Arbeitslosigkeit von 284 bei der Stadt befristet Beschäftigten – davon 97 Reinigungskräfte und Hausmeister und 112 Erzieherinnen – würde die Stadt 135.000 Euro sparen, wie ver.di vorgerechnet hat. Dieses Geld würde auf der anderen Seite in den Portemonnaies der Betroffenen fehlen.

Die Schere zwischen Entgelten, einerseits die Übergangsregelung mit Besitzstandswahrung und andererseits eine Neueinstellung nach TvöD, will sich die Stadtverwaltung zu Nutze machen. Dies sei aber nicht rechtens, findet Thomas Schlingmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Bielefeld. Er erstellte im Auftrag der SPD-Ratsfraktion ein Kurzgutachten. Aus seiner Sicht ist es bei einer Wortlautauslegung des TvÖD zwar möglich, befristet Beschäftigten für einen Monat und einen Tag zu kündigen, um sie dann neu einzustellen und damit die Besitzstandwahrung zu umgehen. Denn im TvÖD heißt es, eine Unterbrechung von bis zu einem Monat sei »unschädlich für die Besitzstandwahrung«. Das bedeutet umgekehrt aber eben auch, dass jegliche Unterbrechung, die länger als ein Monat dauert, eben schädlich für die Besitzstandwahrung ist – sie fiele dann weg.


Missbrauch des Tarifrechts

Aber die Wortauslegung des TvÖD sei nicht das Entscheidende, argumentiert Schlingmann. Wichtiger seien die systematische Auslegung und die Auslegung nach Sinn und Zweck. Und da kommt Schlingmann zu einem eindeutigen Ergebnis: Dass, was die Verwaltungsspitze vorhat, sei ein Missbrauch des Tarifrechts. Denn im TvÖD sei als Regel die Besitzstandswahrung festgeschrieben, nur im Ausnahmefall soll es zu dieser nicht kommen. »Wenn man dennoch so vorgeht wie die Stadtspitze, dann wäre das gar nicht wirksam. Die Betroffenen könnten vor Gericht ziehen«, sagt Schlingmann. Zudem zitiert der Anwalt eine Niederschriftserklärung zum TvÖD: »Eine missbräuchliche Entziehung der Tätigkeit mit dem ausschließlichen Ziel, eine Höhergruppierung bzw. eine Besitzstandzulage zu verhindern, ist nicht zulässig«. Schlingmann schränkt allerdings ein, bisher habe es zu dieser Angelegenheit noch kein Gerichtsurteil gegeben.

»Was tarifwidrig ist, ist rechtswidrig«, meint Clausen, der nicht nur Fraktionsvorsitzender SPD sondern auch Richter am Arbeitsgericht Bielefeld ist. Die Korrektur des Beschlusses des Verwaltungsvorstands sei auch notwendig, um die Tariftreue des kommunalen Arbeitgebers Stadt Bielefeld zu wahren und »möglicherweise rechtswidrigem Handeln vorzubeugen«, erklärt Hartmut Geil, Ratsherr der Grünen und hauptberuflich Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Arbeitsrecht.

Unklar ist auch, wer in den gut vier Wochen, wo die befristet Beschäftigten entlassen wären, deren Arbeit machen soll. In den Kindertageseinrichtungen würden Beschäftigte fehlen. Die Stadtverwaltung plant nun offenbar, diese Mitarbeiter für Juli zu entlassen, während der großen Ferien. Es sei zudem ein Unding, »die kommunalen Gebietskörperschaften zu Lasten der Sozialversicherungskassen zu entlasten«, findet Günter Garbrecht, Rats- und Landtagsmitglied der SPD. Denn in den vier Wochen Arbeitslosigkeit müsste die Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld zahlen.