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Eskaliert Streit um Studiengebühren? (22.02.2006)







Seit einigen Tagen droht der Streit an der Universität Bielefeld um die Einführung von Studiengebühren zu eskalieren. Neben einer Farbbeutel- und Buttersäureattacke auf die Büros von Rektor Dieter Timmermann und Senator Klaus Peter Treumann in der Fakultät für Pädagogik wurden auch Türschlösser der »Ersatzbüros« des Rektorats verklebt. Außerdem gab es am Donnerstag ein Handgemenge zwischen Rektoratsmitarbeitern und -besetzern. Inzwischen haben die Bielefelder Proteste auch Paderborner Studierende inspiriert.


Von Mario A. Sarcletti

Neben den Türen der Büros von Rektor Dieter Timmermann und Senator Klaus-Peter Treumann in der Fakultät für Pädagogik prangt seit vergangener Woche ein großer roter Fleck. Farbbeutel haben ihn verursacht, geworfen haben die offensichtlich Kritiker der Entscheidung des Senats vom 1. Februar. Der beauftragte das Rektorat, eine Beitragsordnung auszuarbeiten, mit der an der Universität Studiengebühren eingeführt werden sollen. Treumann hatte in der Sitzung für den Antrag gestimmt, Timmermann ist bekanntlich ein Befürworter der Studiengebühren.

Die Annahme, dass die Senatsentscheidung der Hintergrund für die Attacken ist, legt zumindest ein Bekennerschreiben nahe, das am Mittwoch vergangener Woche in der Universität auftauchte: »Wir haben stellvertretend die Büros der Studiengebührenbefürworter Timmermann und Treumann mit Farbe und Buttersäure angegriffen«, heißt es unter der Überschrift »Das ist so was wie eine letzte Warnung«. Studiengebühren seien »die brutale Durchsetzung neoliberaler Ideologie durch die nackte Arroganz der Macht und Teil einer faschistoiden Gesellschaftsentwicklung«, kritisieren die Angreifer.

»Bereits die Einführung der repressiven Langzeitstudiengebühren hat allein in NRW tausende Lebensentwürfe zerstört, Menschen in den sozialen Ruin getrieben«, finden sie. Die Einführung allgemeiner Studiengebühren an der Universität würde erneut die Schwächsten treffen. »Im Kern entsprechen sie einer Politik, die Frauen als Mütter an den Herd schicken, Ausländer nach ihrer Verwertbarkeit für die nationale Sache selektieren, die Schranken zwischen oben und unten unaufweichbar manifestieren will«, lautet eine These des Bekennerschreibens, in dem durch die Blume weitere Anschläge angedroht werden: »Wir fragen, was wären tausende zerstörte Büros gegen ein Menschenleben? Wir sagen, ihre Wirtschaftlichkeit gehört durch wirtschaftlichen Schaden bekämpft«, heißt es in dem anonymen Flugblatt.

In einem weiteren Schreiben, das bei Indymedia zitiert wird, erklären die Farbbeutelwerfer, die sich »Aktion 1. Februar« nennen, »dass gegen diese Politik der Ausgrenzung jede Form des Widerstands mehr als legitim ist«. Die Rektoratsbesetzer sehen das etwas anders und distanzierten sich von der Aktion ebenso, wie von Flugblättern, die Fotos der Senatsmitglieder zeigten, die am 1. Februar für den Antrag des Rektorats gestimmt hatten und ihnen unter anderem eine rassistische Haltung unterstellen.

Den nächsten Schritt in Richtung Eskalation stellte ein Handgemenge am Donnerstagmorgen dar. Der Auslöser der Auseinandersetzung zwischen Rektoratsbesetzern einerseits und Mitarbeitern der Hochschulleitung und des prodiac-Sicherheitsdienstes andererseits wird naturgemäß unterschiedlich dargestellt. »Heute Morgen wurden Mitarbeiter der Verwaltung der Universität Bielefeld von Studierenden daran gehindert, die besetzten Räumlichkeiten des Rektorats zu verlassen«, heißt es von Seiten der Unileitung. Ganz anders sieht der Vorfall aus Sicht der Rektoratsbesetzer aus. Danach hätten die Mitarbeiter unter einem Vorwand versucht Akten aus den besetzten Räumlichkeiten zu holen. »Dr. Gerd Meier und Kanzler Hans-Jürgen Simm wurden dabei handgreiflich«, heißt es in einer Pressemitteilung der Besetzer. Der Wunsch nach Aktenzugang sei am Mittwochabend von Seiten der Besetzer abgelehnt worden.