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Rechte Trittbrettfahrer (Teil 2)



Das Kopieren und Missbrauchen von linken Symbolen und Parolen taucht bei Rechtsextremen nicht nur bei Hartz IV Demos immer wieder auf. Da werden Transparente mit dem Spruch »Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht« durch die Gegend getragen, der 1. Mai wird zum »Kampftag für national revolutionäre Arbeiter« verbogen. »Kapitalismus zerschlagen« lautet eine andere Parole, wobei die Rechtsextremen verschweigen oder ignorieren, dass deutsche Kapitalisten das Dritte Reich ermöglichten und davon profitierten.

Dass die Rechten sich so auf die »Soziale Frage« stürzen, liegt auch daran, dass sie ihnen gleich mehrere Anknüpfungspunkte bietet. Bereits in den 20er und 30er Jahren versuchten die Nationalsozialisten sie propagandistisch auszuschlachten. »So war bei den Hartz IV-Protesten auch die Radikale der extremen Rechten vertreten, wie die Freien Kameradschaften, die an damals anknüpfen will«, sagt Loeben.

Die Montagsdemos richteten sich auch immer wieder gegen Globalisierung. Nicht nur für Rechtsextreme heißt das den Standort Deutschland zu schützen, nicht nur bei ihnen sind dabei auch immer wieder antiamerikanische Töne zu vernehmen. »Attac Polen hatte genau diese Konfliktlinie, Leute aus dem Vorstand vertraten eine antiwestliche Haltung«, berichtet Kassi Loeben. Diese Leute hätten eine Zeitung der extremen Rechten betrieben, die in Polen als Organ von attac verstanden worden sei. Da musste schon ein Horst Mahler kommen um den wahren Charakter der Zeitung klar zu machen: Nachdem das Blatt einen zwölfseitigen Artikel des Holocaustleugners abgedruckt hatte, wurden seine Macher aus dem attac-Vorstand ausgeschlossen.

Einen weiteren Anknüpfungspunkt stellen bei Montagsdemos auch Sprüche á la Müntefering von den »Heuschrecken« dar, die über Deutschland herfallen. So zeigte ein Titelbild der Zeitschrift der IG Metall im Jahr 2005 die Zeichnung eines Moskitos mit einem Zylinder mit der amerikanischen Flagge über Deutschland, im Heftinneren ist es gar ein ganzer Moskitoschwarm aus den USA, der die deutsche Landkarte attackiert. Für Rechtsextreme ist da natürlich klar, dass die Moskitos oder Münteferings Heuschrecken von der »amerikanischen Ostküste« kommen. Die steht bei ihnen als Synonym für Juden. Hätten die Moskitos eine Hakennase gehabt, hätte die Zeichnung so auch im »Stürmer« erscheinen können.

Nicht umsonst ging Kassi Loeben auch auf eine Studie des Berliner Politikforschers Richard Stöss zu rechtsextremen Einstellungen in den Gewerkschaften ein, die im vergangenen Jahr vorgestellt wurde. Für die wurden je 2000 Ost- und Westdeutsche befragt, die Hälfte von ihnen Gewerkschaftsmitglieder. Das Ergebnis der im Gewerkschaftsauftrag erstellten Studie überraschte viele: Im Westen ist die Wahrscheinlichkeit einer rechtsextremen Einstellung bei Gewerkschaftsmitgliedern sogar geringfügig höher als bei Nichtmitgliedern, im Osten niedriger. Bundesweit ist jeder fünfte Gewerkschafter rechtsextrem, bei den »einfachen Arbeitern« gar jeder dritte. Überraschend auch, dass dies auf fast jeden Fünften der gewerkschaftlich organisierten Mittelschicht zutrifft, bei Nichtorganisierten nur auf 13 Prozent.

Ein Grund dieses Ergebnisses ist für Kassi Loeben, dass nicht wenige Gewerkschafter autoritäre Einstellungen haben. »Sie haben ein autoritäres Staatsverständnis und auch ein autoritäres Sozialismusbild«, beschrieb Loeben, was er damit meint. »Gerade da, wo es Großbetriebe gibt, sind autoritäre Einstellungen ein Problem«, verdeutlichte er. Das erscheint logisch, da die Gewerkschaftsarbeit in diesen Betrieben oft nicht besonders basisdemokratisch abläuft, sondern eher autoritär.