Webwecker Bielefeld: gesetzentwurf

»Ziemlich katastrophaler Gesetzesentwurf (19.04.2006)



Bis zum gestrigen Dienstag hatten die nordrhein-westfälischen Hochschulen Gelegenheit, sich zum Entwurf für das so genannte »Hochschulfreiheitsgesetz« zu äußern. Aus Bielefeld gingen bei Minister Pinkwart unter anderem ablehnende Stellungnahmen der Personalräte von Fachhochschule und Universität und den Behindertenvertretungen zu. Auch die Senate der beiden Hochschulen sprachen sich einstimmig gegen den Gesetzesentwurf aus (WebWecker berichtete). Der Senat der FH bemängelt vor allem, dass das Gesetz den Hochschulen im Land völlig neue Entscheidungsstrukturen und die ökonomische Last und Verantwortung aufzwingen will. Nach dem Entwurf haben die Hochschulen sogar die Freiheit Pleite zu gehen. Auch Studierendenvertreter kritisieren das Gesetz, Mario A. Sarcletti sprach darüber mit dem Vorsitzenden des Allgemeinen Studierendenausschusses der Universität, Janosch Stratemann.



WebWecker: »Hochschulfreiheitsgesetz«, das klingt ja erst mal ganz schön. Gibt es denn irgendetwas an dem Entwurf, das ihr positiv beurteilt?

Janosch Stratemann: Etwas Positives ... [zögert]. Grundsätzlich ist dieser ganze Gesetzesentwurf ziemlich katastrophal, weil man an ganz vielen Stellen einfach versucht hat Dinge rauszustreichen, die im alten Hochschulgesetz vorkamen. Es sieht so aus, als ob man krampfhaft versucht hätte zu sagen: Wir entschlacken das Ganze. Das mag an ein, zwei Stellen sinnig sein, aber bei der masse der Sachen ist das nicht der Fall.


Was ist denn so gegenüber dem alten Hochschulgesetz gestrichen worden?

Es ist zum Beispiel aus den Aufgaben der Hochschule gestrichen worden, dass sie für den wissenschaftlichen Nachwuchs oder für eine kritische Auseinandersetzung mit den Folgen von Wissenschaft und Forschung und Risikoabschätzung zu sorgen hat. Das kann katastrophale Folgen haben. In der Begründung steht drin, dass diese Fragen durch das übergeordnete Bundesgesetz geregelt werden. Dieses Gesetz soll aber der Föderalismusreform zum Opfer fallen und dann stehen diese Aufgaben nirgendwo mehr drin. Das heißt, dass die Hochschulen dann darauf nicht mehr zu achten haben.


Minister Pinkwart und das Ministerium sagen ja, dass das Selbstverständlichkeiten sind, die man nicht mehr in das Gesetz schreiben muss. Wie sieht denn deine Erfahrung in der Hochschule aus: Ist das alles so selbstverständlich?

Ich glaube, wenn wir das aus dem Gesetz streichen, wird es irgendwann nicht mehr selbstverständlich sein. Das ist die ganz große Gefahr, die ich sehe. Ich glaube auf jeden Fall, dass mit diesen Aufgaben zur Zeit noch ein gewisser Umgang gepflegt wird. Ob der Umgang besser sein könnte, darüber kann man streiten. Ich fürchte, dass dieser Umgang schwinden wird. Wenn der nicht mehr im Gesetz steht, ist der auch rechtlich nicht mehr einzufordern.


Am Dienstag ist ja die Stellungnahme des Senats an das Ministerium geschickt worden und dazu noch der des AStA. Inwieweit unterscheiden sich denn diese Stellungnahmen?

Einmal haben wir für uns als AStA festgestellt, dass wir eine viel grundsätzlichere und sehr viel schärfere Kritik äußern werden, da wir dieses Gesetz in Gänze für katastrophal halten. Es wird die Hochschullandschaft nachhaltig stark beschädigen und das haben wir sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Der Senat hat versucht eine Stellungnahme zu schreiben, die sehr viel milder ist, in der Hoffnung, dass das Ministerium sich der Stellungnahme annimmt und einzelne Kritikpunkte daraus aufgreift.