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Auszeichnung für Gegner der Abschiebehaft (10.05.2006)





Viele Ehrenamtliche gemeinsam gegen Abschiebung: Der Bürener Verein »Hilfe für Menschen in Abschiebehaft«



Der Bürener Verein »Hilfe für Menschen in Abschiebehaft« erhält in diesem Jahr den Aachener Friedenspreis. Die Initiative wird ausgezeichnet, weil seine ehrenamtlichen Mitglieder »seit mehr als zehn Jahren beharrlich von unten und mit friedlichen Mitteln gegen Abschiebehaft kämpfen«. Der mit 1000 Euro dotierte Preis wird am Antikriegstag, dem 1. September, verliehen.


Von Mario A. Sarcletti

»Hilfe für Menschen in Abschiebehaft« wurde 1994 gegründet, Anlass war der Bau der größten deutschen Abschiebhaftanstalt in Büren bei Paderborn, zur Zeit stehen den Behörden dort 560 Haftplätze zur Verfügung. Seither haben die ehrenamtlichen Mitglieder des Vereins mehr als 10.000 Häftlinge in dem Gefängnis betreut, das wie ein Hochsicherheitsgefängnis aussieht. Meterhohe Mauern und Videoüberwachung suggerieren, dass in der Haftanstalt mitten im Wald besonders gefährliche Männer einsitzen. Das Bild hat sich auch in den Köpfen vieler Bürger festgesetzt.

»Abschiebehaft ist keine Strafhaft«, betont jedoch der Verein. »Sie dient allein dazu, dass die betroffenen Menschen für den Verwaltungsakt der Abschiebung für die Behörden leichter verfügbar sind«, erklärt er den Grund der Haft, die er am liebsten abschaffen würde. Bis zu diesem Fernziel geht es vor allem darum, dass möglichst wenig Menschen inhaftiert werden. »So fordert der Verein immer wieder, dass keine Kinder und Jugendlichen, Menschen über 60 Jahre, Kranke und Behinderte oder schwangere Frauen in Abschiebehaft kommen«, heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins.

Tatsächlich werden in Deutschland auch Jugendliche eingesperrt, um sie besser abschieben zu können. Die Bundesrepublik hat deshalb die Kinderrechtskonvention nur unter Vorbehalt unterschrieben. In NRW saßen 2005 66 bis 85 Minderjährige in Abschiebehaft, das Land ist zudem bundesweiter Spitzenreiter bei der Haftdauer.

»Hilfe für Menschen in Abschiebehaft« möchte neben der Beratung der Häftlinge die Öffentlichkeit über solche Fakten informieren. Dadurch sind bereits einige Verbesserungen der Haftbedingungen erreicht worden. So wurde 1995 aufgrund des Einsatzes der Abschiebehaftgegner die »Schaukelfesselung« abgeschafft, die von amnesty international als Foltermethode eingeschätzt wird. Sie erreichten auch, dass Telefonzellen den Häftlingen den Kontakt nach draußen erleichtern, seit einigen Jahren dürfen sie sich auch in ihren Zellen besuchen.

Es gibt aber auch noch viel zu tun für die Vereinsmitglieder. Immer wieder kämpfen sie dagegen, dass Menschen zu schnell und zu lange in Haft genommen werden. Nach Angaben des Vereins kommt etwa ein Viertel der von ihm betreuten Gefangenen wieder frei. Im Gefängnis selbst geht der Verein gegen die besonders gesicherten Hafträume vor, in denen Häftlinge »angeblich zum Selbst- und Fremdschutz« - so der Verein - inhaftiert werden. Ein besonderes Anliegen ist dem Verein eine Verbesserung der medizinischen Versorgung in der Anstalt. Ein Allgemeinmediziner ist dort halbtags beschäftigt. »Die Abschiebehäftlinge werden weder darüber aufgeklärt, welche Krankheit sie haben, noch welche Medikamente verordnet werden«, kritisiert der Verein.