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Bielefeld und Carl Peters (17.05.2006)





Gehören zum Gründungs- und Unterstützerkreis von ›Bielefeld postkolonial‹ (v.l.n.r.): Andreas Schüssler, Johannes Augel, Frigga Tiletschke, Hans Walter Schmuhl, Christoph Beninde, Arnold Schulze, Barbara Schmidt, Barbara Frey, Klaus Rees



Von Manfred Horn

Bielefeld hat eine Kolonialgeschichte, die bisher in der Öffentlichkeit wenig bekannt ist. Ändern will dies ein neuer Arbeitskreis ›Bielefeld postkolonial‹. Der trat am Dienstag Abend im Haus der Kirche erstmals an die Öffentlichkeit. Die Bielefelder Historikerin Frigga Tiletschke und Hans-Walter Schmuhl, Geschichtsprofessor an der Universität Bielefeld, führten in das Thema ein. Dabei standen zwei Dinge im Vordergrund: Die Geschichten der Bethel-Mission und die von Carl Peters.

Nach Carl Peters ist in Bielefeld eine Straße in Stieghorst benannt. Wie Frigga Tiletschke bei der Veranstaltung berichtete, entschied sich der Rat der Stadt 1963 einstimmig dafür. Die ›Freie Presse‹, der Vorläufer der ›NW‹, schrieb damals: »Die Auswahl wurde im wesentlichen von der Erinnerung an Forscher und an die Heimat der Ostvertriebenen bestimmt«. So wurde aus der Planstraße 1069 die Karl-Peters Straße. Kein Ratsmitglied beanstandete, dass sich in der Tagesordnung ein Rechtschreibfehler eingeschlichen hatte. Hier nämlich war von einer »Karl-Peters-Straße« die Rede. »Carl Peters«, der Afrika-Forscher, aber schrieb seinen Vornamen mit »C«.


»Zu viele Unannehmlichkeiten«

Nun, über 40 Jahre später, stellt der Arbeitskreis ›Bielefeld postkolonial‹ Peters in die Öffentlichkeit. Der Name tauchte schon mal 1988 auf. Damals gab es von Bürgern Versuche, die Straße umzubenennen. Dies wurde jedoch vom Bezirksamt Heepen mit dem Hinweis abgewiesen, dass Peters ja bereits 1918 gestorben sei und dass eine Umbenennung den Anwohnern zu viele Unannehmlichkeiten machen würde.

2001 versuchte Johannes Augel, ehemals Privatdozent an der Fakultät für Soziologie der Universität, es noch einmal. Obwohl dem Oberbürgermeister und dem Rat der Stadt eine Biographie von Peters zur Verfügung gestellt wurde, berichtete am 18. April 2002 Bezirksvorsteher Gerhard Henrichsmeier, »dass die Fraktionen und Parteien über die Anregung eines Bürgers zur Umbenennung der Karl-Peters-Straße beraten hätten mit dem Ergebnis, dass eine Umbenennung nicht folgen solle. Ohne Aussprache wird die Umbenennung einstimmig abgelehnt«.

Wer aber war Carl Peters? Hans-Ulrich Wehler, Bielefelder Historiker, schrieb über Peters: »Es gibt vielleicht kein vernichtenderes Urteil über die deutsche Kolonialbewegung bis 1945, als dass sie einen erfolgsarmen, gerichtsnotorisch kriminellen Psychopathen als eine ihrer Leitfiguren sah«. Frigga Tiletschke hat sich eingehend mit der Person beschäftigt: Geboren wurde Peters 1856 in Neuhaus an der Elbe. Er studierte in Göttingen, 1880 hatte er sein Oberlehrerexamen. Doch er ging nicht in den Schuldienst sondern nach England. Dort blieb er drei Jahre, war tief beeindruckt von der britischen Kolonialpolitik und kehrte zurück mit der Idee, Deutschland zur Kolonialmacht in Afrika zu machen. »Dies als 25jähriger Lehramtsanwärter und nicht etwa als Staatsbeamter oder Politiker irgendeiner Partei«, betont Tiletschke. Dennoch begann Peters nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1883 durch Vorträge und Publikationen für seine kolonialpolitischen Vorstellungen zu werben. Zugleich habilierte er und wurde Professor der Philosophie.

1884 gründete Peters die ›Gesellschaft für deutsche Kolonisation‹, aus der die ›Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft‹ hervorging. Diese Gesellschaft war mit erheblichen finanziellen Mitteln von Adel, Militär, Staatsbeamten, Fabrikanten ausgestattet. Unter anderem gehörte dazu das Bankhaus Heydt-Kersten & Söhne aus Wuppertal-Elberfeld, welches 1932 mit der Commerzbank fusionierte, fand Tiletschke heraus.