Webwecker Bielefeld: peters02

Bielefeld und Carl Peters (Teil 2)





Frigga Tiletschke fragt: »Ist nicht letztlich auch die Entscheidung des Bielefelder Rats von 1963, Carl Peters eine Straße zu widmen, eine Rehabilitation brutalen Eroberungs- und Ausbeutungsdenkens unter dem Deckmäntelchen ›Afrikaforscher«?


Im Auftrag dieser Privatgesellschaft führte Peters 1884 die so genannte Usagara-Expedition durch. Diese hatte zum Ziel, durch in korrektem Amtsdeutsch formulierte Scheinverträge, die Häuptlinge der angestrebten Gebiete zur Abtretung ihrer Souveränität zu bringen. Im Gegenzug wurde ihnen militärischer Schutz des Deutschen Reiches vor kriegerischen Auseinandersetzungen mit anderen afrikanischen Völkern zugesagt.

Allerdings gab es – obwohl Peters die kaiserliche Fahne mit sich führte und sich gegenüber den afrikanischen Völkern als Vertreter des deutschen Reiches repräsentierte – weder einen offiziellen Auftrag, noch konnte der zugesagte militärische Schutz überhaupt geleistet werden. Die Häuptlinge mussten einen anderen Eindruck haben, denn Peters reiste nicht allein durch Afrika, sondern war von einer auf Kosten der Gesellschaft angeheuerten Söldnertruppe begleitet, den so genannten Askaris. Dies waren Angehörige anderer Stämme, größtenteils Sudanesen, die sich ihren Lebensunterhalt als berufsmäßige Söldner auch für andere europäische Kolonialmächte verdienten und die für ihre Brutalität bekannt waren.

»Fetzen Papier mit Negerkreuzen«

Tiletschke ordnet die Expeditionen Peters als »private Kriegszüge« ein. Peters schaffte es in wenigen Wochen, mit Hilfe von Alkohol, wertlosen Geschenken, und der Waffengewalt der Askari-Söldner, etliche afrikanische Häuptlinge zur »Unterschrift« – die in der Regel schriftunkundigen Afrikaner unterzeichneten mit einem Kreuz – unter die so genannten Schutzverträge zu bringen und so ein Gebiet von 12.000 Quadratkilometern, zu deutschen Grund und Boden zu erklären. Dass diese Verträge auch nach damaligem deutschen Rechtsverständnis keinerlei Rechtsgültigkeit hatten, war Peters bekannt. Aber da nach seinen Aussagen alle europäischen Kolonialmächte so verfuhren, war für Peters ein solches Vorgehen mehr als gerechtfertigt.

Die einzige Frage nach Legalität berührte die Anerkennung der Annexionen durch die Reichsregierung. Ende 1884 konnte Peters Bismarck seine »Verträge« vorlegen. Diese wurden von Bismarck verächtlich »Fetzen Papier mit Negerkreuzen« genannt, wurden jedoch nach Rücksicherung der politischen Lage zu den anderen europäischen Kolonialmächten für rechtsgültig erklärt. Peters und seine Gesellschaft erhielten am 1885 den kaiserlichen Schutzbrief, der den militärischen Schutz des »Eigentums« der Gesellschaft in Afrika sicherstellte und Peters zur Errichtung einer Verwaltung, der Erhebung von Steuern und der Ausbeutung von Bodenschätzen legitimierte.

Tiletschke berichtet weiter, dass Peters von 1887 bis 1889 auch Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft war, die unter anderem für eine Stärkung der Flottenpolitik agierte. 1888 schied Peters aus dem Vorstand der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft aus. 1889 bis 1890 führte Peters ebenfalls im Auftrag und auf Rechnung der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft einen weiteren Kriegszug in Afrika aus, um dem bereits annektierten Gebiet weitere Gebiete in Uganda hinzuzufügen und so einen deutschen Korridor bis zum Nil zu schaffen.