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»Es geht nur durchs Portemonnaie« (Teil 2)



Sie sprechen von einer ökologischen Marktwirtschaft, erkennen aber gleichzeitig, dass die Marktmechanismen ökologisch blind blieben, wenn man ihnen nicht die entsprechenden Rahmenbedingungen setze. Die Warnungen von Ökologen und Zukunftsforschern indes werden immer lauter, einige sprechen sogar davon, der Prozess der Umweltzerstörung sei nicht mehr umkehrbar und prognostizieren für die kommenden Jahrzehnte eine globale Umweltkatastrophe. Ist da überhaupt noch Zeit für schwer auszuhandelnde Rahmenbedingungen gegen eine am Profit orientierte Marktwirtschaft?

Es bleibt uns ja gar nichts anderes übrig. Es gibt nur diesen Weg. Ich bin nicht für eine Öko-Diktatur. In der Demokratie müssen wir die Menschen überzeugen. Allerdings: Die Zeit läuft uns weg. Wir haben an der Flutkatastrophe gesehen, dass die Unwetter auch in Deutschland stärker werden und sie in dichteren Zeitabfolgen kommen. Das ist die Prognose der Klimaforscher für den beginnenden Treibhauseffekt. Es trifft nicht nur zukünftige Generationen, es trifft auch nicht nur die Menschen in Bangladesh und China, die kurz nach der Hochwasserkatastrophe eine Flutkatastrophe hatten, wo Tausende Menschen umkamen, sondern es kann jeden hier und jetzt treffen.

Und das wird dann sehr teuer, wie man an der Flutkatastrophe sehen kann. Die Schäden liegen hier im zweistelligen Milliardenbereich, die größte Katastrophe seit dem zweiten Weltkrieg in Deutschland. Von daher ist Klimaschutz zu machen, Vorreiter zu sein im Klimaschutz, schon aus ganz egoistischem, materiellem Interesse notwendig. Ohne Klimaschutz keine Haushaltskonsolidierung, ohne Klimaschutz keine wirtschaftliche Entwicklung, kein Aufbau Ost und auch keine individuelle Sicherheit.


Und warum sieht es die Wirtschaft in Deutschland nicht, dass Umweltschutz in ihrem eigenen Interesse liegt?

Die Wirtschaft gibt es nicht. Es gibt welche, die es sehen, andere nicht. Das hat ganz konkret mit den Interessen zu tun. Wer Kohlekraftwerke baut hat andere Interessen als jemand, der Windkraftanlagen baut. Von daher sind wir bemüht, strategische Allianzen mit den Gewinnerindustrien zu schließen, die von einer ökologischen Wende profitieren würden. Und das sind in Deutschland inzwischen in der Summe genauso viele wie in der Automobilindustrie. Und auch da gibt es übrigens Widersprüche. Das Beispiel VW: Auf der einen Seite bringen die jetzt ein neues Auto heraus, das 20 Liter verbraucht, was absurd ist in der heutigen Zeit, und auf der anderen Seite ist Piech in seiner Abschlussfahrt eben nicht in das dickste Auto, sondern in das modernste gestiegen: Ins Ein-Liter-Auto.


Aber es war auch klar, dass das nicht zur Serienreife gebracht wird.

Es ist trotzdem ein Signal. Da macht der Chef eines Automobilkonzerns einen kulturellen Bruch – da ist doch etwas passiert in der Gesellschaft. Dass das perfekt ist und das Problem löst, das sage ich ja gar nicht. Ich sage nur, da hat sich etwas getan. Piech hat signalisiert, für ihn ist das die Krönung seiner Laufbahn. Das ist ein deutliches Signal an die Männer in der Autowelt: Schaut her, vielleicht ist das ja viel moderner. Ich habe mich darüber gefreut.


Aber wann kommt das Ein-Liter Auto? In zwanzig Jahren?

Je größer die finanziellen Anreize umso schneller. Benzin muss teurer werden, damit die Leute verstärkt darauf achten, wie viel ihr Auto verbraucht. Es geht nur durchs Portemonnaie. Übrigens wirkt das schon: Nach vier Jahren Rot-Grün und Ökosteuer ist das Kriterium, was verbraucht das Auto, das wichtigste Kriterium beim Neukauf.