Webwecker Bielefeld: Teil 3

Teil 3: Frauen in der Resistance



Dem widersprüchlichem Thema Kollaboration nähert sich Margaret Collins Weitz vielschichtig und vorsichtig an. Sind (Liebes-)Beziehungen mit dem Feind bereits Kollaboration, was bedeutet dass für Agentinnen, Spioninnen, die der Resistance Informationen beschafften? Was bedeutet und bewirkt das öffentliche Vorführen geschorener junger Frauen, denen Kollaboration, in diesem Fall sexuelle Beziehungen mit dem Feind vorgeworfen werden? "Das Kahlscheren von "horizontalen Kollaborateurinnen", wie sie bisweilen genannt wurden, entsprach einem tiefempfundenen Bedürfnis nach nationaler Katharsis". Es gab allerdings auch eindeutige Fälle der Kollaboration mit dem Vichy-Regime bzw. den deutschen Besatzern, die durch Verrat oder Bespitzelung Tote und Festnahmen unter den WiderständlerInnen bewirkte, oft zum eigenen materiellem Vorteil der Kollaborateurin.
Das letzte Kapitel behandelt die Frage nach den Frauen und dem Erbe der Resistance und ist eher resignierend. Den in der Resistance aktiven Frauen ist gemeinsam, dass sie mit Rollenvorstellungen brachen und mutig ungewohnte Aufgaben und Verantwortung übernahmen. Trotz ihrer außergewöhnlichen Erfahrungen kehrten viele der weiblichen Widerständlerinnen in ihr gewohntes, normales Leben zurück. " Bei Kriegsende hatte ich einen Mann, einen während des Krieges geborene Sohn und eine kleine Tochter, die in London auf die Welt gekommen war. Ich wünschte mir ein Zuhause. Ich war seit fünf Jahren verheiratet, hatte aber nie ein Familienleben gehabt. In meiner Dummheit wünschte ich mir eine zusätzliche Garnitur Bettwäsche und mehr als zwei Teller im Porzellanschrank. Ich hatte nichts. Das waren damals unsere Wünsche." (Lucie Aubrac, s.o.) Margaret Collins Weitz resümiert, dass die Widerstandtätigkeiten wenig dazugetan hätten, die französische Nachkriegsgesellschaft nachhaltig zu verändern, vielleicht hätten sich einige Entwicklungen beschleunigt. "Der seit 1945 verbesserte Status von Frauen in vielen anderen Ländern - sowie die Stärke des Feminismus in vielen Ländern, unabhängig davon, ob es dort Krieg oder Widerstand gegeben hat - legt diesen Schluss nahe."

Kaum eine dieser Frauen wurde im Nachkriegsfrankreich nach ihrem Leben unter der Besatzung oder im Widerstand gefragt. Kaum eine berichtete von sich aus gegenüber den Angehörigen, den Kindern von dem Erlebten, den Motiven. Erst in den 70er Jahren gab es erste Berichte von Frauen, die sich hauptsächlich mit den Erfahrungen in den Konzentrationslagern beschäftigten. Motivation zu diesem Zeitpunkt war Zeugnis in Prozessen abzulegen oder der (neo)faschistischen Propaganda zu widersprechen. Der Prozess gegen Klaus Barbie, "den Schlächter von Lyon", rückte die Diskussion um die französische Besatzungszeit in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. Es wurde begonnen die Rolle der Vichy-Regierung und ihre Rolle bei der Unterstützung der Politik der deutschen Nationalsozialisten, auch in Bezug auf die "Endlösung", die Ermordung der europäischen JüdInnen, zu diskutieren. Diese Diskussion ist noch nicht abgeschlossen.
Die vielen ausführlichen, aber in den Zusammenhang gerückten authentischen Einzelaussagen, machen das Buch lesenswert, würdigen die in der Resistance aktiven Frauen. Im Anhang werden einige weibliche Widerständlerinnen kurz vorgestellt, auch das ist eine Bereicherung. Auffällig und dann doch überraschend ist, dass der Begriff "gender", obwohl als Kategorie tauglich, nicht auftaucht. Margaret Collins Weitz ging es in erster Linie um eine Gesamtdarstellung, das ist ihr gelungen.

Margaret Collins Weitz
"Frauen in der Resistance"
Unrast Verlag, Münster, 2002, 25 Euro


buch_eulenspiegel@gmx.de per Mail bestellen]