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»Eliten-Antisemitismus in Nazikontinuität« (Teil 3)



Deren Chef ist ein ehemaliger General, Reinhard Uhle-Wettler, auch er ein bekannter Rechtsextremist, der jetzt natürlich auch mit Stellungnahmen pro Hohmann zu vernehmen ist. Im Rahmen des Hohmann-Konfliktes wurde dann öffentlich, dass Uhle-Wettler vor einigen Monaten wieder einmal in der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg zu Gast war. Das sind nur zwei so Highlights aus einem breiteren Spektrum von Organisationen und Assoziationen. Da tut sich einiges. Das ist locker gesagt gruselig, es ist ernster gesagt politisch sehr gefährlich und man sollte da auf jeden Fall ein Auge drauf haben, was sich am rechten Rand der Unionsparteien tut und auch weiterhin tun wird. Die Sache ist mit dem Fraktionsausschluss Hohmanns noch längst nicht ausgestanden.

Sie haben gerade sehr schön oder eher unschön beschrieben, dass der rechte Rand der CDU wahrlich keine Einpersonenveranstaltung ist. Dieser Antisemitismus, der da hochkommt, ist der neu oder ist das ein Antisemitismus, der schon lange in dieser Gesellschaft gärt und jetzt nach der Wiedervereinigung hochkocht?

Weder klar das eine noch das andere. Man muss sich aber klar machen, dass es in der Bundesrepublik durchweg einen hohen Bodensatz an Antisemitismus gegeben hat. Das ist auch mit Untersuchungen belegt, da gab es Kontinuität. Was man jetzt sehr deutlich beobachten kann, ist, dass bestimmte Hemmschwellen und Schamgrenzen gerade in den Eliten der Gesellschaft in verschiedenen Bereichen gefallen sind. Und die wiederum haben dann eine Rückwirkung auf die einfachen Leute, die sich dann auch plötzlich wieder was zu sagen trauen, weil »die da oben« das auch tun. Das hat sich in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft ergeben, man denke schon Mitte der 80er-Jahre an Ernst Nolte, den ich jetzt mal als Historiker als Repräsentanten der Wissenschaft nenne. Im Übrigen war er der Vorgänger für die These vom »jüdischen Bolschewismus«, nicht zufällig schrieb er das Vorwort für das Buch von Rogalla von Bieberstein. Man sollte dann an die Friedenspreisrede von Martin Walser 1998 denken, hier stellvertretend für Kultur genannt, und erst Möllemann und jetzt Hohmann im Politiksektor. Die bedienen verschiedene Motivstränge aus dem traditionellen Antisemitismus und machen damit öffentlich wieder Dinge sagbar. Und das hat eben wieder Rückwirkungen in der Gesamtgesellschaft, an den Stammtischen, wo man jetzt wieder mehr zu hören bekommt. Man muss nur einmal längere Zugfahrten erleben: Da muss man teilweise tapfer sein, weil man oftmals einschreiten muss, angesichts dessen, was Leute da so auf dem Bahnvierer mal eben über »den Juden«, immer in so einer Wesensformulierung gebracht, mittlerweile artikulieren. Wobei sie sich teilweise aktuell eben auch auf Hohmann beziehen von wegen: »Der Mann hat doch Recht«. Da braut sich was zusammen.

Aber der wichtigste Mechanismus ist tatsächlich, dass in den Eliten der Gesellschaft bestimmte Dinge wieder sagbar geworden sind. Insofern wäre es auch vorrangig für die Bekämpfung des Antisemitismus, dass in diesen Eliten der Gesellschaft bestimmte Riegel vorgeschoben werden, dass deren Vorbildfunktion, die sie da tatsächlich haben, in einem idealistischen Sinne gesprochen wieder vorbildlich würde.