Webwecker Bielefeld: auseinandersetzung01

Antisemitismus-Diskussion in der Uni (10.12.2003)



Die Auseinandersetzung an der Universität Bielefeld um Antisemitismus rund um das Buch »Jüdischer Bolschewismus« des Uni-Bibliothekars Johannes Rogalla von Bieberstein geht weiter. Am vergangenen Donnerstag gab es eine erste Diskussionsveranstaltung, morgen folgt die nächste.

Von Mario A. Sarcletti

Auch wenn das Rektorat das Thema gerne vom Tisch hätte, bewegen die in der Folge der Rede von Martin Hohmann bekannt gewordenen antisemitischen Thesen des Johannes Rogalla von Bieberstein nach wie vor die Studierenden. Das zeigte sich am vergangenen Donnerstagabend bei einer Veranstaltung des Allgemeinen Studierendenausschusses AStA und der Antifa AG. Während sonst bei politischen Vorträgen in der Universität deren Organisatoren oft unter sich bleiben, war der Hörsaal 2 am Donnerstag fast zu klein für den Andrang. Mehr als einhundert Menschen lockte der Abend unter dem Motto »Antisemitismus im »wissenschaftlichen« Gewand – Nicht Mythos sondern Realität« in die Universität.

Der Slogan ist an den Titel des Buches von Johannes Rogalla von Bieberstein angelehnt. Das heißt »Jüdischer Bolschewismus – Mythos und Realität« und diente dem CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann als Steilvorlage für seine antisemitischen Ausfälle zum Tag der deutschen Einheit. Da Bieberstein Bibliothekar in der Universitätsbibliothek ist, beschäftigt der Fall die Hochschulangehörigen.

Als erster Redner befasste sich ein ehemaliger Hochschulangehöriger, der Soziologe Lutz Hoffmann, mit Bibersteins Gedankengängen. »Die Frage ob Biebersteins Buch antisemitisch ist, kann man nicht aus dem Stand mit Ja oder Nein beantworten«, machte Hoffmann gleich zu Beginn klar, dass einfache Antworten von ihm nicht zu erwarten sind. Statt derer bot er eine detaillierte inhaltliche Analyse des Buches, beschrieb sein Unbehagen bei der Lektüre. »Ein Grund für das von Seite zu Seite wachsende Unbehagen ist der, dass der Autor eine ganz bestimmte Art von Reduktion vornimmt«, beschrieb Hoffmann die Vorgehensweise Biebersteins. So reduziere er den Sozialismus auf den Kampf gegen die christlich-bürgerliche Welt. »Positives des Sozialismus wird ausgeklammert«, erklärte der Soziologe. Die zentralste Reduktion sei die, dass er Menschen jüdischer Herkunft auf diese Herkunft reduziere. »Er betreibt eine regelrechte Judenriecherei«, beschreibt Hoffmann in einem Satz, was Bieberstein auf mehr als dreihundert Seiten ausbreitet.