Webwecker Bielefeld: sokol02

Fühlen was nicht ist (Teil 2)



Kann es denn auch Auswirkungen auf das Verhalten der Bürger haben, wenn die wissen, ich werde hier überwacht?

Also sicherlich benehmen sich viele Menschen, die vor einer Kamera sind anders als wenn eine Kamera auf sie gerichtet ist. Das sehen sie auch an den Beispielen in den Medien: Wenn Laien, also normale Bürgerinnen und Bürger, in irgendwelche Shows einbezogen sind, verhalten die sich in aller Regel anders als im Alltagsleben. Aber Scherz beiseite: Natürlich wird es so sein, dass die Menschen, die sich unter einem permanenten Beobachtungsdruck fühlen, auch Verhaltensanpassungsleistungen zeigen werden.



Nun beruft man sich ja auf die positiven Erfahrungen beim Bielefelder Modellversuch im Ravensberger Park, der ja auch an einem so genannten Kriminalitätsschwerpunkt durchgeführt wurde. Da gab es neun Straftaten im Jahr 2000 und damit 0,2 Prozent der in Bielefeld verübten Straftaten. Ist das denn wirklich ein Schwerpunkt?

Mir ist keine tatsächlich valide Studie bekannt, die den Anspruch wissenschaftlicher Fundiertheit erheben könnte, die die Verhältnisse in Bielefeld wissenschaftlich begleitet oder untersucht hätte, sodass man eigentlich nur die blanke Statistik nehmen kann. Und die ließ im Lauf des Kameraeinsatzes leider Gottes sogar ein Ansteigen der Straftaten erkennen. Nunmehr ist ja seit einiger Zeit die Videoüberwachung dort ausgeschaltet und Bielefeld ist nach der Statistik die sicherste Stadt Nordrhein-Westfalens, sodass ich vermute, dass niemand mehr ernsthaft über den Einsatz der Videoüberwachungskameras in diesem Park nachdenken sollte.



Wenn ein Ort wie der Raspi-Park schon als Kriminalitätsschwerpunkt angesehen wird − ein netter kleiner Park mit ein paar Straftaten und Angehörigen sozialer Randgruppe, die man da nicht so gerne haben möchte −, droht dann in NRW mit dem neuen Gesetz eine flächendeckende Überwachung des öffentlichen Raumes?

Da gilt es sicherlich zu unterscheiden. Wir haben jetzt eine Erweiterung der Befugnisnorm für die Polizei. Ich bin mir da aber nicht sicher, ob die Polizei gut beraten ist, von dieser Norm auch wirklich viel Gebrauch zu machen. Ich will Ihnen da ein Beispiel aus Düsseldorf nennen: Da ist auch immer wieder im Gespräch bestimmte Plätze per Video zu überwachen. Der dortige Polizeipräsident hält davon aber nichts, zu meiner großen Freude. Er bevorzugt es, verstärkt vor Ort die Leute auf Streife zu schicken und das ist eine Maßnahme, die auch mir vorzugswürdig erscheint. Deshalb wird auch demnächst nicht von einer flächendeckenden Überwachung durch die Polizei – und ich betone durch die Polizei – in NRW gesprochen werden können. Denn schließlich muss es sich ja um so genannte Kriminalitätsschwerpunkte handeln. Aber wir sehen aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger eine zunehmende Dichte von Kameras, durch wen auch immer betrieben, sich auch in Nordrhein-Westfalen ausbreiten. Deshalb kann es natürlich auch möglich sein kann, dass auch hierzulande Verhältnisse eintreten, wie sie bereits in Berlin zu verzeichnen sind, dass ich nämlich von Kamera zu Kamera laufe, ständig beobachtet, wobei die Kameras durch verschiedene Stellen betrieben werden.