Webwecker Bielefeld: sokol03

Fühlen was nicht ist (Teil 3)



Könnte es sein, dass den Bürgern da ein bisschen die Sensibilität für ihre informationelle Selbstbestimmung fehlt. Hier in Bielefeld werden ja viele Stadtbahnen per Video überwacht und die Bürger finden das teilweise ganz gut und fühlen sich sicherer, auch wenn die Kameras ihnen im Notfall nicht helfen können.

Das ist ja gerade eins der Probleme, die die Kameraüberwachung mit sich bringt, dass sie unter Umständen eine Sicherheit suggeriert, die gar nicht gewährleistet sein kann. Dass sich Menschen sicher fühlen, obwohl sie es in der Tat leider gar nicht unbedingt sind.



Was haben Sie den zu den Plänen zur Rasterfahndung in dem Polizeigesetz gesagt?

Bei der Rasterfahndung handelt es sich ohnehin um ein höchst problematisches polizeiliches Instrument, weil sie immer notwendigerweise eine Vielzahl unbeteiligter Personen einbeziehen muss. Sie ist eine Verdachtschöpfungsmethode, das bedeutet auch, dass sie eine große Zahl von Menschen erfasst, die gar nichts mit einer Tat zu tun haben oder jemals zu tun gehabt haben. Und da, wo viele Daten verarbeitet werden, kann es auch zu Fehlern kommen, ohne dass jemand eine böse Absicht hegen muss. Nicht umsonst waren die bisherigen Voraussetzungen für den Einsatz von Rasterfahndung an das Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr geknüpft. Dieses Wort »gegenwärtig« ist jetzt aus dem Gesetzestext gestrichen worden, das heißt die Rasterfahndung kann künftig bereits dann eingesetzt werden, wenn eine Gefahr besteht. Das erleichtert ihren Einsatz. Sie soll zudem evaluiert werden, also das, was man jetzt mit der stattgefundenen Rasterfahndung in NRW an Erfahrung gesammelt hat, scheint nicht zu genügen: Sie war aufwändig, personalintensiv, kostenintensiv und soweit bekannt erfolglos. Das heißt, man könnte eher Eignungszweifel an dem Instrument als solchem zur polizeilichen Gefahrenabwehr anmelden als seinen Einsatz auch noch zu erleichtern. Das war in etwa meine Argumentation gegenüber der Erleichterung des Einsatzes der Rasterfahndung.



Ist diese Gesetzesänderung in Bezug auf die Rasterfahndung denn wirklich so schlimm? Denn genauso, wie man sich für die Videoüberwachung Kriminalitätsschwerpunkte herbeizaubert und zusammenbastelt, hat sich doch auch Otto Schily die Gefährdungslage für Deutschland zusammengebastelt um damals die Rasterfahndung durchzuziehen.

Die Bundesregierung hat ja im Herbst 2001 nicht nachgelassen zu betonen, dass keine akute Gefährdungslage für die Bundesrepublik bestand. Und das scheint sich ja auch so bewahrheitet zu haben.



Gerade was Videoüberwachung betrifft, hat sich ja in der politischen Landschaft einiges verändert: Die Landesdelegiertenkonferenz der Grünen hat ja noch im Mai gesagt: »Wir sind dagegen«. Die SPD war bis vor kurzem auch relativ strikt in der Beziehung, im Jahr 2000 haben sie zum Beispiel noch gesagt, Videoüberwachung nur bei erheblichen Straftaten. Kann es denn sein, dass Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein bisschen zur Manövriermasse verkommen, zum Beispiel in Koalitionsverhandlungen nach dem Motto: Tausche Datenschutz gegen Metrorapid?

Dazu möchte ich mich, ihr Verständnis vorausgesetzt, nicht äußern.