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»Ein Stückchen Ostsee« (Freibad Brackwede; 20.08.2003)



Freibad Brackwede
Luttergespeiste ehemalige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme: das Freibad Brackwede








Das einzige Bad in Norddeutschland mit einem 100 Meter Becken liegt in Brackwede. Eine Perle unter den Freibädern, und doch soll es in drei Jahren geschlossen werden.



Von André Plumer

Wie eine Oase in der Wüste erscheint das Freibad Brackwede: Die größte Wasserfläche in Bielefeld, ja sogar »das einzige Bad in Norddeutschland mit einem 100 Meter Becken«. Allerdings ist die Hitzeperiode gerade vorbei, und eine Oase nicht mehr unbedingt nötig, eher eine rettende Insel. Es ist ein grauer Montagmorgen und es regnet in Strömen. Der Anruf an der Freibad-Kasse bringt weitere Ernüchterung: »Das Bad ist bei schlechtem Wetter geschlossen.« »Und Morgen?« »Gucken Sie doch einfach aus dem Fenster.«

Eröffnet wurde das Bad am 15. August 1926. Entstanden ist es im Rahmen von »Notstandsarbeiten« – Hans Becker übersetzt dies in einem historischen Artikel zum Bad als »Arbeitsbeschaffungsmaßnahme«. Das Wasser des Lutterbach speist damals wie heute das 100 Meter lange Becken, das mit Bahnschwellen seitlich abgestützt wurde. 3000 Quadratmeter groß war der Nichtschwimmerbereich. Die Wasserfläche, der Sandstrand und die malerische Umgebung mit Wald und Liegewiese, veranlassten damals einen Reporter der ›Westfälischen Nachrichten‹ zum Vergleich mit der Ostsee.

Im Laufe der Jahre wurde die Anlage modernisiert: das Becken betoniert, der Sprungturm erhöht und die alten Umkleidekabinen abgerissen. Doch der Verfall war nicht aufzuhalten: In den 70er Jahren schloss die Gastronomie, ja sogar das 50-jährige Jubiläum wurde eingespart. Laut der ›Neuen Westfälischen‹ vom 20. August1976 »sah sich die Stadt wegen der angespannten Finanzlage außerstande, hier in irgendeiner Form tätig zu werden.«

1990 wurden die geplante Schließung des Bades aus Kostengründen erstmals diskutiert. 1992 gründete sich ein »Freundeskreis« um den Erhalt zu erkämpfen. Zahlreiche Arbeitsstunden wurden in die Renovierung investiert und Sponsorengelder aufgetrieben. Trotzdem sollte das Bad zum 31 März 1994 laut Beschluss der Stadt geschlossen werden, wenn sich kein Träger findet. Im Februar 1993 verwandelte sich deshalb der Freundeskreis in einen eingetragenen Verein, und steuert seitdem die Hälfte der Kosten des Bades durch Eigenleistungen und Mitgliederbeiträge bei. Der Start des vereinseigenen Bades gelang grandios. Zwei gute Sommer brachten Geld in die Kasse, aber auch die folgenden verregneten waren keine existentielle Bedrohung.

Der Sommer 2003 war mal wieder einer, und führte zu erfreulichen Gäste-Zahlen im Freibad Brackwede. 41.000 BesucherInnen waren es bis jetzt, verrät Peter Rausch, erster Vorsitzender des Fördervereins. Gut angenommen wurde von allen Beteiligten auch das Open-Air-Konzert der Bielefelder Philharmoniker, die im Juli ihren einzigen Outdoor-Auftritt beim Picknick im Freibad absolvierten. Man kann sich auf eine Neuauflage im nächsten Jahr freuen.