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Ärzte bilden sich fort (22.01.03)



Liege
Mittwochs Vormittags ist Ruhezeit


Aus Protest gegen die Gesundheitsreform á la Ulla Schmidt werden mittwochs in Westfalen die Arztpraxen vormittags geschlossen – Fortbildungstag! Am 22. Januar soll die Protestaktion in Westfalen-Lippe beginnen, Bielefeld und Gütersloh folgen dann am 27. Januar.







Von Mario A. Sarcletti

»Mittwochvormittag – Praxen zu«, forderte Dr. Hans-Jürgen Thomas, seine Kollegen in einem Schreiben am 8. Januar auf. »Lassen Sie uns erstmals am 22. Januar in ganz Westfalen-Lippe beginnen«, schlägt der Vorsitzende des Landesverbandes Westfalen-Lippe des Hartmannbundes aus Erwitte vor. Hauptangriffspunkt der Ärztevereinigung ist vor allem die von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt verordnete Nullrunde für die Ärzte. Deren Auswirkungen werden von den beiden Seiten unterschiedlich eingeschätzt: »Den Ärztinnen und Ärzten wird kein Geld weggenommen. Sie werden im kommenden Jahr lediglich auf einen Honoraranstieg von 160 Euro pro Monat verzichten müssen«, erklärte Schmidt in einer Rede im Bundestag bei der 3. Lesung des Beitragssicherungsgesetzes. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe rechnet mit jährlichen Einbußen von 5000 bis 6000 Euro pro Praxis. Für die Ärztevereinigung Grund genug für einen Streik, zu dem sie aber nicht aufrufen darf, da sie die Grundversorgung der Patienten gewährleisten muss. Deshalb empfehlen Ärztevertreter diesen Tag für Fortbildung zu nutzen.

In Bielefeld und Gütersloh waren zum Zeitpunkt des Aufrufs des Hartmannbundes die Planungen zu einem »Tag des Nachdenkens« bereits angelaufen, der Termin für den 27. Januar festgelegt. Die Ärzte in OWL werden ihre Praxen also ein paar Tage später für einen Vormittag schließen als ihre Kollegen im Ruhrgebiet. Und dabei nicht nur über drohende Einkommensverluste nachdenken. »Die Nullrunde ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt«, stellt der Bielefelder Kinderarzt Dr. Michael Müller klar, dass es den Ärzten nicht nur um ihr Portmonee geht. Er ist Vorstandsmitglied von Medi-OWL, einem Verbund von Ärzten und Psychotherapeuten in der Region. »Seit sieben, acht Jahren werden wir mit allen möglichen Reformen behelligt, kriegen zum Beispiel Arzneimittelbudgets, bei denen wir mitmachen und jetzt diese Nullrunde. Wir haben auch eigene Vorstellungen darüber, was man eigentlich im Gesundheitswesen machen sollte, aber wir wurden diesbezüglich nicht konsultiert«, beschreibt Müller die Verärgerung der Ärzteschaft. Am kommenden Montag wolle man diese Vorstellungen auch den Patienten näher bringen. Die hätten großteils Verständnis für den Tag der Praxisschließungen, wenn es auch manchmal der Aufklärung bedarf:»Wenn man ihnen das erklärt, dann verstehen die meisten Patienten das auch«, erzählt Müller.