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Abschiebung trotz schwerer psychischer Erkrankung (14.01.2004)



Frau N. und ihrem erwachsenen Sohn droht die Abschiebung. Dabei gibt es nach Einschätzung des Bielefelder Flüchtlingsrat gravierende humanitärer Gründe, die gegen eine Abschiebung sprechen. Die Frau leide unter einer schweren psychischen Erkrankung und ihr Sohn erwarte mit seiner deutschen Partnerin ein Kind.




Frau N. kam mit ihrem Sohn W. im August 2002 nach Deutschland und stellte hier einen Asylantrag, der jedoch schnell als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, da die Traumatisierung von Frau N. nicht erkannt wurde. Beide hätten danach Deutschland verlassen müssen.

Aus den Gesprächen, die der Flüchtlingsrat mit den beiden führte, wurde deutlich, dass die Mutter bereits in Georgien nach gewaltsamen Übergriffen aus dem vermutlich mafiösen Umfeld psychisch erkrankte. Sie hatte permanent unerträgliche Ängste. Nachdem ihr langjähriger Lebensgefährte spurlos verschwunden und vermutlich getötet worden war, fürchtete sie sich ganz besonders um das Leben ihres Sohnes. Ihre Ängste vor weiteren Übergriffen und ihre psychischen Probleme waren so schlimm, dass ein Verlassen des Landes als einziger Ausweg erschien. Sie bat ihren Sohn, falsche Personalien anzugeben, da sie Angst hatte, andernfalls würden sie schnell gefunden und nach Georgien zurückgeschickt.


Akute Selbstmordgefahr

Bei einer Botschaftsvorstellung in Deutschland überkam Frau N. so extreme Panik, dass sie sich in einem mehrstündigen Schockzustand befand. Sie musste danach über einen Monat stationär psychiatrisch behandelt werden. Ihr Sohn besuchte sie täglich. Nach übereinstimmender Einschätzung von Fachleuten, ist die enge Beziehung zu ihrem Sohn für ihren Lebenswillen von zentraler Bedeutung. Gleichzeitig wirkten jedoch gerade die Ängste, ihn zu verlieren, belastend. Aufgrund ihrer Erlebnisse sei sie davon überzeugt, sein Leben sei bei einer Rückkehr nach Georgien bedroht.

Ihr Sohn sollte am 17. November 2003 nach Georgien abgeschoben werden. Drei Tage vor dem festgesetzten Abschiebedatum wurde Frau N. auf ärztliche und richterliche Anordnung in die psychiatrische Landesklinik eingewiesen. Vorliegende ärztliche und psychologische Stellungnahmen stellen fest, dass Frau N. im Fall einer Trennung von ihrem Sohn und vor allem bei einer Abschiebung ihres Sohnes nach Georgien psychisch bis hin zur akuten Gefahr eines Selbstmordes zusammenbrechen würde.

Ihr Sohn entzog sich der Abschiebung. Seitdem lebt er in Angst vor seiner Festnahme und Abschiebung nach Georgien. Anders als sonst, kann er mit seiner Mutter nur noch telefonieren. Er erzählt ihr, dass sicher ein Weg gefunden werde, um seine Abschiebung zu verhindern. Denn er weiss, welche verheerende Wirkung andere Gedanken bei seiner Mutter hätten. Doch dies entspricht leider nicht der Wahrheit. Möglicherweise kann seine Mutter auf der Grundlage dieser »Lüge« aus der Klinik entlassen werden. Dann wäre eine Festnahme des Sohnes leicht, da er seine Mutter keinesfalls alleine ließe.