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»Vergessen kann ich nicht« (Teil 3)



Ihm gelingt es im August 1944, für ein Arbeitskommando eingeteilt zu werden, dass eine unterirdische Produktionsanlage für Waffen errichten soll. Die soll in Vaihingen in der Nähe von Stuttgart entstehen. Messerschmitt will hier weitere Jagd-Flugzeuge bauen. Die Arbeit ist unvorstellbar hart. »Es ist unfassbar, dass wir vollkommen unterernährt diese Arbeit leisten konnten. Ich glaube, es ging nur, weil wir Sobibor und Auschwitz vor Augen hatten«, sagt Schelvis heute. Doch inzwischen ist es Herbst 1944, die Bauarbeiten werden eingestellt, die Front rückt näher. Schelvis bleibt noch bis März 1945 in dem Konzentrationslager gefangen, dass die SS kurzerhand in ein ›Erholungslager‹ umdefinierte. »In Wahrheit war es eher ein Sterbelager«, korrigiert Schelvis die schönfärberische Umwidmung. Schließlich wird er dort von der französischen Armee befreit.

Seine Geschichte klingt unglaublich. Aber wäre sie nicht so unglaublich gewesen, hätte Schelvis nicht überlebt. Heute ist er ein wichtiger Zeitzeuge. Einer, der das Lager Sobibor, dass noch von den Nazis dem Erdboden gleich gemacht wurde, um keine Spuren zu hinterlassen, wieder ins Gedächtnis ruft. Einer, der akribisch nachfragt, nachforscht und sein Wissen weitergibt. An diesem Abend im Theaterlabor war Schelvis aber nicht nur der kenntnisreiche Wissenschaftler, sondern auch der Mensch, der seine Geschichte erzählte. Eine Geschichte, die so weit weg ist von dem, was die ZuhörerInnen erfahren haben, dass sie nur ahnen konnten, was die Worte, die Schelvis da formte, eigentlich bedeuten. Unvorstellbar.

Das Buch von Jules Schelvis ›Vernichtungslager Sobibór‹ ist zu einem Preis von 20 Euro erhältlich. Rat-Verlag, ISBN: 3-89771-814-6. In nächster Zeit wird auch eine Übersetzung des biographischen Buches, in dem Schelvis sein Leben beschreibt, in deutscher Sprache erhältlich sein



Initiative ›250.000 Leben – Eine Allee für die Opfer von Sobibor‹



Am 60.Jahrestag des Häftlingsaufstandes, am 14. Oktober 1993, wurde auf Initiative der Gedenkstätte Sobibor, der ›Stichting Sobibor› aus Holland und des ›Bildungswerkes Stanislaw Hantz‹ aus Kassel eine Gedenkallee in Sobibor eröffnet. Diese Gedenkallee markiert den letzten Weg der deportierten JüdInnen von der Rampe bis zur Gaskammer. In der Allee soll jeder gepflanzte Baum den Namen eines Ermordeten, einer Familie oder von Menschen einer Region tragen. Gleichzeitig wurde ein Gedenkbuch angelegt, in dem mehr zum Leben der Opfer dokumentiert werden soll.

Aufgrund erster Recherchen und der Zusammenarbeit lokaler Gruppen konnten am 14. Oktober 2003 für drei Menschen aus Ostwestfalen-Lippe erste Bäume in der Gedächtnisallee gepflanzt und Steine gesetzt werden. Doch dies soll nach dem Willen der Initiatoren, die auch die Lesung mit Jules Schelvis veranstalteten, erst der Anfang sein. Aus Bielefeld sind der Gruppe Namen von weiteren acht Menschen bekannt, die im Vernichtungslager Sobibor ermorden wurden. »Wir hoffen, dass weitere Menschen die Initiative ergreifen und ›Patenschaften‹ übernehmen, sagt die Bielefelder ›Initiative gegen Ausgrenzung‹.

Spenden zur Finanzierung weiterer Gedenksteine und zur Unterstützung der Gedenkstätte Sobibor bitte auf folgendes Konto:

IBZ (Internationales Begegnungszentrum)
Sparkasse Bielefeld
Kontonummer: 73005613
BLZ: 480 501 61
Stichwort: Sobibor

Kontakt:
Initiative gegen Ausgrenzung, c/o IBZ, Teutoburger Straße 106, 33602 Bielefeld