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Dein Club, Deine Heimat, Deine Geschichte? (Teil 2)



Als sich im Frühjahr 1933 das Verbot der Arbeitersportvereine, die allesamt nicht im DFB organisiert waren und eigene Meisterschaften austragen, abzeichnete, beschloß der DFB in einer Mustersatzung, diese Vereine nicht zu übernehmen. Einige Arbeitersportvereine hatten um Unterschlupf gebeten, der DFB und die ihm angehörigen Vereine machten die Tür zu.

Zugleich untersagte man bereits 1933, jüdische Sportler neu aufzunehmen, einer Praxis, der sich prompt auch Armina Bielefeld anschloß. Gegen diejenigen, die bereits in den Vereinen waren, wurde indirekt vorgegangen. Sie konnten mit fadenscheinigen Begründungen wie angeblichen Verstößen gegen die Vereinsdisziplin ausgeschlossen werden. Hierüber bestimmte ein Vereins-Ältestenrat, die Entscheidung bedurfte nicht einmal einer Begründung.

Für die Jahre 1933 bis 1945 sieht Heinrich keine Anhaltspunkte für eine Distanz zwischen DFB beziehungsweise dem Fachamt für Fußball und dem NS-Regime. Eine vorsichtige Formulierung, praktisch ließ sich der offizielle Fußball bereitwillig politisch instrumentalisieren. »Das DFB-Personal empfand den Nationalsozialismus als erlösend«, sagt Heinrich. Die Landesverbände wurden zu Gauverbänden – ebenfalls nach dem Führerprinzip organisiert. Die höchste Spielklasse hieß fortan Gaulliga, auch Arminia Bielefeld spielte zwei Jahre in der Gauliga Westfalen mit.


Peter Bauwens: Vom Täter zum Opfer

Einer, der damals von sich Reden machte, wurde erster DFB-Präsident der Nachkriegsära: Peter Bauwens. Der Sohn eines Bauunternehmers war bereits seit 1925 Mitglied der Regelkomission der FIFA, des internationalen Fußball-Bundes. Ab 1932 saß er dann auch im FIFA-Exekutivrat. Dort verblieb er auch nach 1933. »Bauwens arbeitete dem Regime sportpolitisch zu«, urteilt Heinrichs, der bei seinen Recherchen die Gelegenheit hatte, dessen Archiv ausführlich einzusehen. Seine Tätigkeit gipfelte 1940 in dem von ihm unterstützen Versuch, die FIFA zu übernehmen. Die FIFA saß in Zurich, einem neutralen Land. Also verweigerten die deutschen Behörden einigen Funktionären, die über Deutschland in die Schweiz reisen wollten, kurz vor der Sitzung im Juli 1940 das Visum. Die Folge hätte sein sollen, dass die Befürworter einer nationalsozialistischen FIFA unter sich sind. Doch der Plan scheiterte; diejenigen, denen das Transitvisum verweigert wurde, gelangten doch noch rechtzeitig nach Zürich.

1950 dann, als der DFB wiedergegründet wurde, stellte sich Bauwens plötzlich als Widerstandskämpfer dar. Zu Gute kam ihm dabei, dass er 1919 eine jüdische Frau heiratete. Diese beging 1940 Selbstmord. Peter Bauwens behauptete, die Nazis hätten sie so unter Druck gesetzt, dass sie den Selbstmord wählte. Überprüfbar ist diese Sicht der Dinge jedoch nicht. Nachweisbar hingegen ist, dass Bauwens im März 1933 schnell noch Mitglied der NSDAP werden wollte. In Berlin wurde sein Antrag angenommen, er bekam auch eine Karteikarte und eine Mitgliedsnummer. Doch ein Mitgliedsausweis wurde ihm nie zugestellt, später wurde sein Name mangels Mitgliedsnachweis wieder aus der zentralen Kartei in München gelöscht. Warum er dann praktisch doch nicht Mitglied wurde, bleibt bis heute ungeklärt. Die wahrscheinlichste Variante: Die entsprechenden Stellen bemerkten, dass er mit einer jüdischen Frau verheiratet war und verhinderten dann seine Aufnahme.

In den 1950er Jahren ging Bauwens Opfergeschichte jedenfalls glatt durch. »Da hat niemand nachgefragt«, sagt Heinrich. Auch hier sieht Heinrich wieder eine deutliche Kontinuität. Der DFB machte personell und ideologisch da weiter, wo er 1945 als Fachamt Fußball aufgehört hatte. »Bei den hohen Idealen, die wir vertreten, hört die Demokratie auf«, konnte sich Nachkriegs-DFB-Präsident Bauwens unwidersprochen äußern.