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Dein Club, Deine Heimat, Deine Geschichte? (18.02.2004)



Arthur Heinrich
Heinrich: Kontinuitäten beim DFB von 1900 bis heute




Die Geschichte des deutschen Fußballs ist auch die Geschichte des DFB. Der habe eine Kontinuität national-konservativen Denkens. Das System DFB habe sich so auch in den Nationalsozialismus einfügen können, erklärte am Dienstag Abend Politikwissenschaftler Arthur Heinrich bei einer Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung ›Tatort Stadion‹.














Von Manfred Horn

Fußball ist ein Mythos, an dem täglich gestrickt wird. Was hinter dem Mythos steckt? Nur wenige interessiert offensichtlich, was hinter dem Vorhang passiert. So kamen am Dienstag Abend auch gerade mal 15 Interessierte zu einem sehr interessanten Vortrag des Politikwissenschaftlers Arthur Heinrich.

Arthur Heinrich nahm sich an diesem Abend die Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) vor. Auf Einladung der Bielefelder AusstellungsmacherInnen von ›Tatort Stadion‹ referierte er seine fundierte Sicht der deutschen Fußballgeschichte. Dabei lag sein Schwerpunkt auf der Geschichte des DFB im Nationalsozialismus. Doch um die dort reichlich vorfindbaren Verstrickungen erklären zu können, geht Heinrich zurück in die Anfänge des Fußballs im Deutschen Reich.

Heinrich entwickelt dabei eine These der Kontinuität. Als erstes räumt er mit der Legende auf, Fußball habe sich vor allem aus dem Proletaritat gespeist. Was den DFB angeht, der sich 1900 in Leipzig gegründet, ein grundlegender Irrtum. Die dort versammelten Herren rekrutierten sich aus der Oberschicht, ihre vorwiegende Gesinnung: National-Konservativ. Bis zum ersten Weltkrieg waren in vielen Vereinen, die im DFB organisiert waren, Arbeiter überhaupt nicht zugelassen. Die sozialen Wurzeln der ersten Funktionärsschicht des DFB seien prägend für die weitere Geschichte des Fußballverbandes gewesen, sagt Heinrich.

Mit einer gehörigen Portion Nationalismus wehrte sich der DFB Anfang des 20. Jahrhunderts gegen die Behauptung, Fußball sei »englisches Unkraut«. Dagegen hielt man Fußball als vaterländischen Akt, sah das Fußballspiel als soldatische Übung. Mit einem kräftigen Hurra auf den Lippen hieß der DFB den ersten Weltkrieg willkommen. Mit der dann folgenden Weimarer Republik wurden die DFB-Funktionäre »nie richtig warm«.


1933 problemlos neue Heimstatt gefunden

Die Führungsriege propagierte stattdessen das Ideal der Volksgemeinschaft, man leiste »Aufbrucharbeit an der niedergeschlagenen Volksgemeinschaft«. Obwohl nun auch zunehmend Angehörige der Arbeiterklasse in die DFB-Fußballvereine gingen, spiegelte sich das überhaupt nicht auf der Funktionärsebene. Die Funktionäre, allesamt keine überzeugten Nationalsozialisten, aber überwiegend nationalkonservativ, fanden dann nach 1933 problemlos eine neue Heimstatt im nationalsozialistischen System.

»Die Gleichschaltung lief nicht in der Form von Erlassen, sondern in Form von vorauseilendem Gehorsam«, berichtet Heinrich. Maßgeblichen Anteil hatte der damalige DFB-Präsident Felix Linnemann. Er plädierte für Führerschaft und schuf sie sich selbst. Die Gleichschaltung wurde auf dem DFB-Bundestag am 9. April 1933 einstimmig beschlossen, die Sitzung dauerte ganze 28 Minuten. Im Fachamt Fußball Fußball, so die neue Sprachregelung im Dritten Reich, fanden sich dann auch alle führenden Funktionäre wieder, weil es nichts und niemanden auszutauschen gab.