Webwecker Bielefeld: antifa03

Daten für die Anti-Antifa? (Teil 3)



Systematische Anzeigen durch Neonazis

Max H. befürchtet, dass die Datensammlung der Anti-Antifa seit einiger Zeit mit Unterstützung der Behörden wächst: »Im April 2002 hat das Berliner Landeskriminalamt Daten, die es über Antifaschistinnen und Antifaschisten gesammelt hat, ohne Aufforderung an die NPD herausgegeben, nachdem Antifas Plakate der Partei abgerissen haben sollen«, beschreibt Max die Initialzündung für eine neue Strategie der Rechtsextremen und vermutet: »Da sind wohl Neonazis derart auf den Geschmack gekommen, dass sie seitdem relativ systematisch Anzeigen erstatten und auf ähnliches Vorgehen der Polizei hoffen.«

Kommt es auf Grund der Anzeigen zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, erhalten die Anzeigeerstatter und potenziellen Nebenkläger über ihre Anwälte Akteneinsicht und kommen so an die Daten ihrer Gegner. Max H. vermutet, dass das auch bei Vorkommnissen in Aachen im vergangenen Jahr so gelaufen ist. Im April veranstalteten Antifas eine so genannte antifaschistische Kaffeefahrt, bei der sie vor den Wohnhäusern von Neonazis demonstrierten. Einige Tage nach der Aktion erstatteten die Besuchten Anzeigen wegen Beleidigung. »Die Nazis fühlten sich durch die Bezeichnung als Nazis beleidigt«, wundert sich Max H.

Die Polizei in Aachen reagierte auf die Anzeigen, wie jetzt auch die Bielefelder Kollegen. »Es ist genau das gelaufen, was sich die Neonazis auch versprochen haben: Die Polizei hat Menschen, die ihnen durch langjähriges antifaschistisches Engagement bekannt waren, vorgeladen, sowohl zu Zeugenvernehmungen als auch zu erkennungsdienstlichen Behandlungen.« Einer der Vorgeladenen ist nun seit einigen Wochen im Visier der Rechten. »Er beziehungsweise sein Auto, das vor seinem Wohnhaus geparkt war, wird seit zwei, drei Wochen mehrfach von Neonazis angegriffen. Man muss davon ausgehen: Ihnen ist dieser Braten serviert worden, ihnen ist die Adresse, möglicherweise ein Foto frei Haus geliefert worden und jetzt setzen sie ihre Erkenntnisse in Einschüchterungsversuche um«, beschreibt Max H. seinen Verdacht.

Er erzählt, dass sich der Trend zur Anzeige auch im Ruhrgebiet abzeichne, jetzt habe er scheinbar Ostwestfalen erreicht. Max H. erhebt schwere Vorwürfe gegenüber der Polizei: »Es gehört ganz klar darauf hingewiesen, dass es der so genannte Staatsschutz ist, der sich hier ganz aktiv an dieser Anti-Antifa-Arbeit, also an einem neonazistischen Aktionsfeld, beteiligt, diesem zuarbeitet und damit nicht nur ganz konkret Menschen in Gefahr bringt, sondern auch eine politische Aktionsrichtung unterstützt, die er zu bekämpfen vorgibt«, empört er sich über den, wie er sagt, Skandal.

Dirk Butenuth sieht durch die Ermittlungen allerdings keine konkrete Gefährdung für die Antifaschistinnen und Antifaschisten, auch wenn er diese »nicht von der Hand weisen will«. Grundsätzlich sei es zwar so, dass die Anzeigeerstatter über einen Anwalt Akteneinsicht nehmen können. Er fügt aber hinzu: »Allerdings ist die Szene, die wir hier im Collegium Humanum vertreten haben, bisher nicht dadurch in Erscheinung getreten, dass sie andere Leute bedrohen oder Körperverletzung zum Nachteil anderer Leute begehen. Es handelt sich da ja überwiegend um Revisionisten, also um eine intellektuelle Ausprägung des Rechtsextremismus«, glaubt er nicht daran, dass bei den Antifaschisten demnächst die Schläger vor der Tür stehen.