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»Was die da veranstalten, ist eine Riesensauerei« (19.05.2004)





Müntefering: Ziel Vollbeschäftigung



Von Manfred Horn

Seine große Hoffnung in Verbindung mit Hartz IV bringt Pit Clausen, Oberbürgermeisterkandidat der Bielefelder SPD, zum Ausdruck. Und seine Sorgen: Geschätzte 30 Millionen Mehrbelastung kommen auf die Stadt zu, wenn die Stadt ab 1. Januar 2005 die Unterbringungskosten für die künftigen Arbeitslosengeld-II Empfänger zahlen muss. An der Seite Clausens sitzt Franz Müntefering, Generalsekretär der SPD. Rainer Wend, Bielefelder Bundestagsabgeordneter der SPD, hat die beiden Männer gerade miteinander bekannt gemacht. Müntefering kennt die Sorgen der Kommunalpolitiker: »Die 2,5 Milliarden Euro Entlastung kommen bei den Kommunen an – mindestens«, verspricht er.

Die Regierung arbeite gerade an einer passenden Formel. Denn mit Hartz IV bräuchten die Kommunen keine Sozialhilfe mehr zahlen, dies würde ihnen insgesamt eine Entlastung von 11,5 Milliarden Euro bringen. Müntefering weiß auch, dass dies nur ein Teil der Wirklichkeit ist: Zum einen zahlen auch nach dem 1. Januar die Kommunen weiter Sozialhilfe an diejenigen, die nicht arbeitsfähig sind. Zum anderen sind gerade die Kommunen getroffen, die einen hohen Anteil an Langzeitarbeitslosen haben. Denn für die wird dann ein Unterbringungsgeld fällig, das ab Januar das Wohngeld ersetzen soll. Betroffen sind davon vor allem größere Städte. In Bielefeld leben viele Langzeitarbeitslose. Und in Bielefeld wohnen auch viele Menschen, die weiterhin Sozialhilfe bekommen werden, weil sie beispielsweise stark behindert sind. »Es wäre ungerecht über die Köpfe zu verteilen«, sagt dann auch Müntefering.

Die Entlastung für die Kommunen hätte sogar noch stärker ausfallen können, betont Müntefering: »Merz und Co machen den Staat arm«. Wenn die Steuervorschläge der SPD aus dem vergangenen Herbst den gemeinsamen Vermittlungsausschuss, in dem die CDU-regierten Bundesländer die Mehrheit haben, überlebt hätten, wären die Kommunen bis 2006 um weitere 6,5 Milliarden Euro entlastet worden. Doch die CDU blockiere: »Was die da veranstalten, ist eine Riesensauerei«, empört sich Müntefering zwischen Kaffee und Brötchen beim Pressefrühstück mit Clausen und Wend.

Was die Erfolgsaussichten des Hartz-Paketes angeht, ist die SPD schon länger bescheiden geworden: »Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist bei Hartz III und Hartz IV nicht der alleinige Ansatzpunkt«, sagt Müntefering und spricht von einer schwierigen Großwetterlage. Ursprünglich war die Hartz-Kommission vor drei Jahren angetreten, um den Riesentanker Arbeitsamt neu zu strukturieren.

»Die Frage die uns alle bewegt: Ist Vollbeschäftigung noch möglich?« stellt Müntefering und beantwortet sie damit; dass man das Ziel Vollbeschäftigung nicht aus den Augen verlieren dürfe. Die Arbeitslosigkeit auf fünf Prozent zu reduzieren, ist Münteferings arbeitsmarktpolitischer Traum und entspricht seiner Definition von Vollbeschäftigung. Erreichen will er dies allerdings nicht über eine Niedriglohnstrategie. Man habe in den vergangenen zwei Jahren bereits die Lohnnebenkosten gebremst und den Arbeitsmarkt flexibler gemacht: »Sonst hätten wir heute noch mehr Arbeitslose«.