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Komplizierte Rentenwelt (04.08.2004)





Solange sich Alt und Jung zusammentun, brauchen sie sich über Rentenfragen nicht zu ärgern. Foto: Martin Speckmann


Anfang Juni hat der Bundesrat nach langem Gezerre die steuerrechtliche Behandlung von Altersvorsorge und Altersbezügen zum 1.1.2005 neu geregelt. Das Gesetz wirft Fragen auf. Einen ersten Überblick liefert der Finanzreport NRW.

Ausgangspunkt für die grundlegende Reform war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6.3.2002, das die unterschiedliche Besteuerung von Renten und Pensionen als mit dem Grundgesetz unvereinbar ansieht und den Gesetzgeber auffordert, spätestens mit Wirkung zum 1.1.2005 eine Neuregelung zu schaffen. Für den Fall, dass der Gesetzgeber die Frist versäumen sollte, hat das BVerfG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dann ab dem 1.1.2005 Pensionen nicht mehr besteuert werden dürften.


Gründe für die Verfassungswidrigkeit

Das BVerfG hat klargestellt, dass es bei der verfassungsrechtlichen Würdigung am Maßstab des Art.3 Abs.1 Grundgesetz (GG) ausschließlich auf die einkommensteuerliche Belastung ankommt. Zusätzliche Be- und Entlastungswirkungen, die sich aus dem Zusammenspiel mit Normen des Besoldungs-, Versorgungs- und Sozialversicherungsrechts ergeben, sind nicht zu berücksichtigen. Für die Vereinbarkeit der geltenden Normen zur Pensions- und Rentenbesteuerung mit Art.3 Abs.1 GG kommt es nicht darauf an, ob und wieweit eine unterschiedliche einkommensteuerliche Belastung für eine angemessene Nettoversorgung der Rentner und Ruhestandsbeamten als notwendig angesehen wird. Eine entsprechende Kompensationsabsicht des Gesetzgebers sei nicht erkennbar. Die Ertragsbesteuerung sei auch objektiv nicht geeignet, zum Ausgleich von rentenrechtlich bedingten Versorgungsdefiziten beizutragen.


Belastungsvergleich für Rentner und Pensionäre

Die verfassungsrechtliche Würdigung erfolgte daher nur durch einen Belastungsvergleich für Rentner und Pensionäre in der Erwerbsphase und in der Nacherwerbsphase. Dabei ergibt sich nach bisherigem Recht folgendes Bild: Bei Beamten wird in der Erwerbsphase die Altersabsicherung nicht aus versteuerten Beiträgen aufgebaut, da Beamte aus dem Erwerbseinkommen keine eigenen Beiträge für ihre Altersversorgung aufbringen müssen. Für die Zusage des Dienstherrn auf Altersbezüge (Pensionen) erzielt der Beamte ein vermindertes Bruttogehalt. Eine steuerliche Vorbelastung der späteren Pensionen liegt nicht vor.

Folgerichtig werden die Pensionen – bis auf den Abzug eines Versorgungs-Freibetrages in Höhe von 40 Prozent der Versorgungsbezüge (höchstens 3.072 Euro) und eines Arbeitnehmer-Freibetrags von 1.044 Euro – in voller Höhe besteuert (steuerliche Belastung beim erstmaligen Zufluss aus dem Dienstverhältnis).

Bei Arbeitnehmern, die der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, wird die Altersversorgung durch Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aufgebaut. Diese sind steuerfrei, soweit es sich um Arbeitgeberbeiträge handelt (§ 3 Nr. 62 EStG). Die Arbeitnehmerbeiträge werden zunächst vom Arbeitgeber individuell besteuert, sie können jedoch – zumindest teilweise – als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden.


Lücken im System

Da die gesetzliche Rentenversicherung kein Kapital-gedecktes, sondern ein umlagefinanziertes System ist, werden die Beiträge der Arbeitnehmer direkt verwendet, um die heutigen Renten zu finanzieren. Der Aufbau eines Kapitalstocks erfolgt nicht. Da aber aufgrund der demographischen Entwicklung die Beiträge der aktiven Arbeitnehmer mittlerweile nicht mehr ausreichen, um alle Rentenansprüche zu bedienen, wird die Finanzierungslücke durch einen Bundeszuschuss aus Steuermitteln ausgeglichen. Berechnungen haben ergeben, dass die ausgezahlten Renten zu jeweils einem Drittel durch den Arbeitgeberbeitrag, den Arbeitnehmerbeitrag und den Bundeszuschuss finanziert werden.