Webwecker Bielefeld: verdiniedriglohn

»Sozialkonsens bedroht« (11.08.2004)





Gemeinsam für gute und gleiche Arbeits-Bedingungen: Rene Cranz (Betriebsrat Städt. Kliniken), Franz Levenig (ver.di Sekretär), Sabine Neumann (Betriebsrätin AWO), Jens Ortmann (Mitarbeitervertreter Johanneswerk), Wiltrud Karbe (Mitarbeitervertreterin v.B.A.), Heike Albersmeier (Betriebsrätin AWO)



Von Manfred Horn

Man kann es kurz so zusammen fassen: Die Qualität soll die gleiche bleiben, sogar noch verbessert werden, die Arbeitsbedingungen jedoch werden immer schlechter. Längere Arbeitszeiten, Streichung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, neue Niedriglohngruppen. Hinzu kommt Tarifflucht, zuletzt löste die Arbeiter-Wohlfahrt den Manteltarifvertrag auf. Im Gesundheitswesen ist der Teufel los und die MitarbeiterInnen müssen die Misere ausbaden.

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Bezirk Bielefeld/ Gütersloh macht schon länger gegen diese Entwicklung mobil. Gerade in dieser Region finden sich zahlreiche Anbieter des Gesundheitsbereichs, sitzen mit den ›Von Bodelschwinghschen Anstalten‹ (v.B.A.) und dem Johanneswerk zwei große Sozialkonzerne. Alleine die v.B.A. haben 10.000 MitarbeiterInnen.

Beim Johanneswerk gibt es seit Jahren die sogenannten »W-Gruppen« (Angestellte im Wirtschaftsbereich). Bereits seit 2002 haben die v.B.A. die sogenannten »BA-Gruppen« (Angestellte in besonderen Arbeitsbereichen) eingeführt. Davon betroffen sind sowohl im Johanneswerk wie auch in den v.B.A. alle Mitarbeiter des Servicebereichs – ein Arbeitsfeld, in dem vor allem Frauen als Putzkräfte oder Haushälterinnen tätig sind – die nach einem Stichtag eingestellt wurden. Für sie rechnet ver.di Lohnabschläge von rund 300 Euro vor.


Expandieren, aber bei den Mitarbeitern sparen

Dabei haben die v.B.A. erst kürzlich mit Blick auf das Jahr 2003 erklärt, dass »das zurückliegende Jahr trotz schwieriger Rahmenbedingungen wirtschaftlich zufriedenstellend gewesen sei«. Es wurde die größte Bilanzsumme in der Geschichte erreicht, ein deutliches Zeichen, das die v.B.A. weiter expandieren. Zugleich konnte das Defizit auf 1,2 Millionen Euro gesenkt werden.

Dennoch will man weiter Tarife absenken, der Personalkostenanteil von 70 Prozent sei zu hoch. Sogar eine 42-Stunden-Woche ist angedacht. Franz Levenig, ver.di-Sekretär des Bezirks, wirft den v.B.A. wie auch anderen vor, ohne Not zu handeln. Der Kostendruck sei zwar offenkundig dar, doch nicht so groß, dass er zu niedrigeren Löhnen zwingen würde. Die Sozial-Unternehmen suchten vor allem nach einem Wettbewerbsvorteil. »Die Absenkungen laufen gar nicht mehr über das Notlagen-Argument. Inzwischen werden sie als Wettbewerbsvorteil thematisiert«, weiß Jens Ortmann, Mitarbeitervertreter im Johanneswerk, zu berichten. Das Lohnkostendumping der kirchlichen Unternehmen drückt auch auf die anderen: So bekommen Angestellte in bestimmten Bereichen der städtischen Kliniken seit gut einem Jahr rund 30 Prozent weniger Geld, nur noch 1100 Euro brutto im Monat.

»Wettbewerb zu gleichen Bedingungen« lautet dann auch eine zentrale Forderung von ver.di. Die Spirale der Verschlechterung für die MitarbeiterInnen dürfe nicht weiter nach unten gehen. Die Grundidee: Hätten alle regionalen Anbieter die gleichen Bedingungen, würden also einheitliche Löhne und Zusatzleistungen zahlen, die gleiche Zeit arbeiten lassen, dann wäre die Spirale gestoppt. Dann könne vielmehr geguckt werden, wer zu diesem Preis die beste Qualität biete. Die will Levenig unter anderem durch definierte Berufsbilder sichern. »Entsprechend der Qualität muss dann auch Geld kommen«.