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Gut und Böse (05.09.2004)



Michael Strauss
Museumleiter Michael Strauß: Er hat nach dem vorläufigen Aus des Tabakmuseums eine neue Ausstellung zur Geschichte des Rauchens konzeptioniert



Die neue Ausstellung des Museums Bünde zeigt die wechselvolle Geschichte des Rauchens vom Mittelalter bis in die Gegenwart: Seitdem das Nachtschattengewächs im 16. Jahrhundert nach Europa kam, polarisiert es die Menschen




Von Manfred Horn

Zunächst einmal gibt es etwas nicht zu sehen: Das Tabakmuseum in Bünde. 1937 im Heimatwahn der Nationalsozialisten gegründet, ist es seit April 2004 geschlossen. Das Fachwerkgebäude ist in die Jahre gekommen und dringend sanierungsbedürftig. Die alte Ausstellung, die im Prinzip seit 1937 unverändert gezeigt wurde, ist ausgeräumt, Handwerker sind angerückt. Noch ist unklar, wann hier wieder eine dauerhafte Tabakausstellung zu sehen ist: Ein Konzept ist da, aber kein Geld.

Um das Thema Tabak, das so eng mit der Geschichte Bündes verknüpft ist, nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, wurde am Sonntag die Ausstellung ›Tabak, eine wechselvolle Geschichte über Gut und Böse‹ im benachbarten Dobergmuseum eröffnet. Das Dobergmuseum, recht neu und trotzdem schon undicht, beherbergt eigentlich eine geologische Dauerausstellung, hat aber auch Platz für Wechselausstellungen. Zusammen mit zwei weitern Museen gehören Dobergmuseum und Tabakmuseum zu einer sogenannten Museumsinsel im Zentrum von Bünde.


Zigarrenzentrum Bünde

Bünde wurde im 19. Jahrhundert Zigarrenstadt. Die übliche Landwirtschaft alleine gab nicht mehr genug her, die Bevölkerung Bündes war arm, viele hatten Hunger. Um 1840 gabe es dann die ersten Zigarrenmanfakturen in der Kleinstadt im Ravensberger Land. Die Zigarrenherstellung war zu Beginn reine Handarbeit. Die Arbeits- und Lebensbedingungen für den Tabakarbeiter waren extrem: Oft rollten Mann und Frau zugleich Zigarren, um über die Runden zu kommen. Die tägliche Arbeitszeit betrug 12 bis 14 Stunden.

Für die Fabrikanten aber lohnte sich das Geschäft allemal. Im Jahr 1862 wurden in Bünde 80 Millionen Zigarren hergestellt. Schon früh zeigte sich der Zusammenhang zwischen Krieg und Tabak: Im Deutsch-Französischen Krieg von 1871 stieg die Nachfrage nochmals enorm. Der Soldat verlangte seinen Tabak und der Bürger seine Siegeszigarre. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs war es dann vorbei mit der Bünder Zigarrenzeit. Billigere Importwaren drängten auf den Markt. Heute gibt es zwar noch einen Tabakspeicher in Bünde, aber nur noch drei Betriebe haben sich gehalten.

Die gerade eröffnete Ausstellung im Doberg-Museum reduziert sich aber nicht auf Zigarren und auch nicht auf Bünde: Beschrieben wird die gesellschaftliche Geschichte des Tabaks vor allem in Deutschland. Die Ausstellung bietet eine Zeitreise beginnend mit Christopher Columbus, der statt Indien rauchende Indianer entdeckte. Die Ausstellungs-Reise geht weiter mit pittoresquen Bildern und Gegenständen wie Zigarettenschachteln oder verzierten Pfeifen, die das Herz eines jeden Rauchers höher schlagen lassen.