Webwecker Bielefeld: zwangsarbeiterauszahlung

Auszahlungen nur schleppend (15.09.2004)





Eine ehemalige Zwangsarbeiterin am Denkmal auf dem Johannesberg. Dort steht der einzige Gedenkstein in Bielefeld, der an das Verbrechen von vor 60 Jahren erinnert


Von Manfred Horn

Nach dem im Juli 2001 vom Bundestag verabschiedeten Enschädigungsgesetz für Zwangsarbeiter erhalten diese gestaffelte Beträge in zwei Raten. Wer in einem Konzentrationslager oder Ghetto war, bekommt dabei ungefähr 7.700 Euro, Zwangsarbeiter in der Industrie erhalten insgesamt rund 2.200 Euro, in der Landwirtschaft 770 Euro.

Rund fünf Milliarden Euro werden von der Bundesstiftung »Erinnerung, Verantwortung und Zukunft« verwaltet, dabei haben Bundesregierung und Wirtschaft je die Hälfte eingezahlt. Auf Seiten der Wirtschaft leisteten gut 2.000 Unternehmen Zahlungen, wobei gerade einige größere Konzerne nicht einzahlten. Circa vier Milliarden Euro werden ausgezahlt, der Rest geht für die Verwaltung drauf. Zur Zeit läuft bei den meisten noch lebenden Betroffenen gerade die Auszahlung der zweiten Rate. Abgeschlossen sind die Zahlungen lediglich an 130.000 jüdische ZwangsarbeiterInnen.

Seit Ende März 2004 ist Antragsschluß. Die Recherche, die Annahme der Anträge und die Auszahlung läuft über Partnerorganisationen der Stiftung in den einzelnen Ländern. So waren auch Ljuba Sotschka und Eline Kucharewa von der Ukrainischen Stiftung aus Kiew mit in Bielefeld. Im Vorfeld organisierten sie auf ukrainischer Seite den Besuch. Sie berichten, dass es immer wieder Schwierigkeiten mit den Auszahlungen gibt. Auch sollten zunächst ZwangsarbeiterInnen in der Landwirtschaft von Entschädigungszahlungen ausgenommen werden. Erst mit Druck sei es gelungen, im Gesetz eine Option einzubauen, die es ermöglicht, auch diesen Betroffenen eine – deutlich geringere – Entschädigung zu zahlen. Sotschka bezeichnet es als Ungerechtigkeit, dass Kinder von Zwangsarbeiterinnen, die mit ins Deutsche Reich verschleppt oder hier geboren wurden, keine Entschädigung erhalten.

Die Bundesregierung hingegen sieht in ihrem jüngsten Bericht alles im Plan. Circa 1,7 Millionen Leistungsberechtigte seien inzwischen ausgemacht, 1,5 Millionen hätten bereits die erste Rate erhalten. Allerdings wurden etwa 2,3 Millionen Anträge gestellt, so dass rund 600.000 negativ beschieden wurden. Die Auszahlung der zweiten Rate beginne dort, wo dies noch nicht geschehen ist, noch im Jahr 2004, teilt die Bundesregierung mit. Ziel sei es, im Frühjahr 2005, somit im zeitlichen Zusammenhang mit dem 60. Jahrestag des »Kriegsendes«, die Auszahlungen »im wesentlichen abzuschließen«.

Einige Städte haben sich zu zusätzlichen Entschädigungszahlungen entschlossen. So zahlte beispielsweise die Stadt Frankfurt am Main 1.000 Euro an ZwangsarbeiterInnen, die im Nationalsozialismus in Frankfurt arbeiten mussten. In Bielefeld wird es dazu wohl nicht kommen: Mit der Finanzierung des Besuchs von 24 ZwangsarbeiterInnen in der vergangenen Woche dürfte das finanzielle Kapitel in dieser Sache für die Stadt geschlossen sein.