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Wider willige Untertanen (03.11.2004)





Im Vordergrund: Moderator Andreas Liebold und Rena Tangens vom FoeBuD. Im Hintergrund FoeBudler mit Stop-RFID-Schildern zur aktuellen Kampagne des FoeBuD gegen die unkontrollierte Einführung der RFID-Technik




Von Manfred Horn

Die diesjährige Verleihung der deutschlandweiten Big Brother Awards, den Negativ-Preisen für Personen und Unternehmen, die durch besonders negativen Umgang mit Daten aufgefallen sind, fand am Freitag im Murnau-Saal der Ravensberger Spinnerei statt. Es war es so voll, dass nicht alle BesucherInnen einen Sitzplatz bekamen. Ein deutliches Zeichen für das gestiegene öffentliche Interesse an den Awards, die bereits zum fünften Mal verliehen wurden.

In diesem Jahr wurden aus über 250 Vorschlägen acht Preisträger ermittelt. Eine preisbedachte Datenkrake ist die Bundesagentur für Arbeit für die »inquisitorischen« Fragebögen zum Arbeitslosengeld II. Um die Kontrolle zu perfektionieren, greife die Agentur auch auf »Antiterror«-Gesetze zurück, erklärt Jury-Mitglied Rolf Gössner. Danach müssen alle Geldinstitute über eine Computer-Schnittstelle Informationen über sämtliche Konten aller Kunden zum Abruf bereithalten. »Hausbesuche«, die die Bundesagentur zur Überprüfung von Vermögensangaben und Wohnverhältnisse zukünftig durchführen will, dürfte es ohne Einwilligung der Betroffenen gar nicht geben. Wer diese verweigert, mache sich aber verdächtig, ist sich Gössner sicher.





Rolf Gössner hielt die Laudatio zur Bundesagentur


Die Bundesregierung reagierte auf ihrer Homepage indes auf den Gewinn des Awards mit der allgemein gehaltenen Ankündigung, man werde die Bedenken der Datenschützer ausräumen. Woher die Bundesregierung diese Gewissheit nimmt, bleibt ihr Geheimnis. In der kurzen Erklärung sagt sie nämlich nur zu, die Zugriffsdaten auf die Personendatenverwaltung der Bundesagentur so schnell wie möglich zu protokollieren. Derzeit werde an der technischen Umsetzung gearbeitet. Auf die anderen Kritikpunkte, die zum Gewinn des Preises führten, schweigt sie sich allerdings aus.

Was Gössner mit gebührendem Ernst vortrug, karikierte padeluun vom FoeBuD. Der Künstler und Datenschützer des Bielefelder Vereins zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD), der alljährlich die Award-Verleihung mit großem Engagement und Aufwand veranstaltet, gab unter tosendem Beifall Friedrich Merz und dessen Ausfälle über Arbeitslose als Schmarotzer zum Besten.





Was dem Publikum gefiel – über 200 Besucher drängten sich in dem Saal – fanden die Gewinner wenig lustig. Unglücklich auch die Armex GmbH: Sie verkauft »TrackYourKid«. Statt umständlich am langen Lasso können Kinder nun – dem technischen Fortschritt sei Dank – elektronisch kontrolliert werden. Die Eltern senden der Firma eine Anfrage per SMS und erhalten darauf hin die Position ihres mit einem Handy ausgestatteten Sprösslings. Dies biete keine Sicherheit, sondern greife vielmehr in die Rechte des Kindes ein, kritisiert die Jury. Zudem könnten die Kinder das Handy auch einfach abschalten und seien dann nicht mehr ortbar.

Außerdem biete das System die Möglichkeit, fremde Handys orten zu lassen. Armex hingegen sagt, man orte nicht die Handys, sondern die SIM-Karten der Geräte. Die ließen sich aber unbemerkt austauschen. Und wenn in Unternehmen Beschäftigte mit Firmenhandys arbeiten, ließen die sich zukünftig mittels »TrackYourKid« perfekt überwachen.