Webwecker Bielefeld: stattvilla01

Solidarische WohngenossInnen gesucht (02.02.2005)



Jetzt wird es ernst: Das Projekt ›Stattvilla‹ steht kurz vor dem Kauf eines Hauses. Bereits seit Jahren ging eine Handvoll Menschen mit der Idee schwanger, Zusammenleben neu zu organisieren. Anfang 2003 wurde dann der Verein ›Stattvilla‹ gegründet. Ein oder mehrere Häuser sollten her, um mit Jung und Alt in einer Hausgemeinschaft zu leben (WebWecker berichtete).


Von Manfred Horn

Die InitiatorInnen sind alle schon ein bißchen in die Jahre gekommen, vorbei die jugendlichen WG-Zeiten. Der richtige Zeitpunkt, sich Gedanken zu machen, wie das eigentlich mit dem Wohnen ist, wenn man älter wird. Gut, man könnte sich bei entsprechendem Kapital ein Häuschen kaufen, man könnte in einem Mietshaus mit netten Nachbarn leben. Doch hier sollte es in eine andere Richtung gehen: Im Dezember 2004 gründete der Verein eine Genossenschaft. Die Idee: Das vorhandene Geld nützlich anlegen, aber nicht in einer typisch kapitalistischen Anlageform. Das genossenschaftliche Wohneigentum soll schrittweise erworben werden, um Erspartes nicht in privatwirtschaftlichen Versicherungen anlegen zu müssen.

Wie das geht? Die Stattvilla-Genossinnen‹ lassen sich ein Haus bauen. Am 18. Februar lassen sie sich drei Architektenentwürfe vorstellen. Einen Ort für das Haus gibt es auch schon: Innenstadtnah im Bereich von Tor 6. Mehr können die GenossInnen zur Zeit noch nicht verraten. Der Investor baut das Haus, die Genossenschaft erwirbt es. Einen kleinen Zuschuss gibt das NRW-Städtebauministerium, das genossenschaftliche Wohnmodelle unterstützt. Statt einer Miete zahlt jeder zukünftige Bewohner eine Nutzungsgebühr. »Die ist ungefähr so hoch wie eine durchschnittliche Miete«, erklärt Ursel Sieckendiek von der Genossenschaft. In 25 Jahren soll das Haus dann abbezahlt sein. Eigentümer im rechtlichen Sinn bleibt die Genossenschaft.

Die im Haus wohnenden GenossInnen dürfen sich aber als ideele BesitzerInnen begreifen. Haben sie doch alle Mitbestimmungsrechte und darüberhinaus zusätzlichen Platz zur Verfügung. Neben den maximal 15 Wohnungen, die im Haus entstehen, sind eine Gemeinschaftsküche, ein großer Gemeinschaftsraum, der auch für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden kann, ein Medienraum und eine Werkstatt geplant. Anders herum haben alle trotzdem ihre eigene Wohnung, inklusive kleiner Küche.

Zur Zeit gibt es neun feste Zusagen, fehlen noch mindestens sechs weitere HausbewohnerInnen. Es können auch mehr sein, auch Wohngemeinschaften im klassischen Sinn sind denkbar. Noch ist alles in der Planungsphase, noch können die Entwürfe den Bedürfnissen der künftigen BewohnerInnen angepasst werden. Doch bis Ende Februar muss alles klar sein. Bis dahin will ›Stattvilla‹ auch die weiteren mindestens sechs GenossInnen aufgetrieben haben. Besondere Ansprüche werden an die nicht formuliert: Sie sollen allerdings der Idee der Genossenschaft aufgeschlossen gegenüber stehen. Alter und Geschlecht sind egal. Gerne würde man allerdings noch Paare oder Alleinerziehende mit Kindern im Haus haben. »Im Moment sind wir zwischen 31 und 67 Jahre alt«, sagt Sieckendiek. Kinder im Haus bisher: Fehlanzeige.

Auch möglich und gar gewünscht: Leben und arbeiten an einem Ort. So können Büroräume mit eingeplant werden. Wer Genossenschaftsmitglied werden will, muss 500 Euro Einlage plus 100 Euro Verwaltungskosten zahlen. »Wir unterscheiden zwischen Wohngenossen und Solidargenossen«, erläutert Sieckendiek. Erstere wohnen im Haus, zweitere sind Mitglieder, die Geld in das Projekt stecken. Solidargenossen haben neben einer Verzinsung einen weiteren Vorteil: Wird einmal eine Wohnung frei, werden sie als erstes gefragt, ob sie einziehen wollen.