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»Für immer Antifaschistin (Teil 2)





Celine van der Hoek sprach im Cafe Parlando umringt von betroffenen Zuhörern


Die niederländische Wirtschaft machte durchaus gute Geschäfte mit dem Dritten Reich, große Teile der Bevölkerung blieben aber bei ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der Besatzungsmacht. Es bildeten sich Widerstandsorganisationen heraus, getrennt nach Ideologie und Glauben. »Die haben aber alle zusammengearbeitet. Auch haben sie versucht, Juden in Sicherheit zu bringen«, berichtet van der Hoek. Die mussten bald den gelben Stern tragen. Ihre Lage spitze sich immer weiter zu. Van der Hoek konnte nicht mehr in dem Kinderheim arbeiten, da sie Jüdin war. Darauf hin betreute sich jüdische Kinder in der Nähe ihres Wohnhauses. Das Geschäft ihrer Mutter geriet in österreichische Hand, zunächst aber durften zumindest die Angestellten bleiben.

Die Mutter versuchte, wertvolle Sachen außer Haus zu schaffen, wurde aber verraten. Celine van der Hoek war auf dem Weg nach Hause, zum Mittagessen. Der Weg von der Arbeit zu ihrem Haus war schließlich nicht weit. Ihre Mutter war unterwegs, als sie kurz vor dem Haus ein niederländischer Polizist stoppte. Er berichete von der Anzeige. Doch statt sie festzunehmen, riet er ihr: »Geh nicht nach Hause, da wartet der Sicherheitsdienst«. Van der Hoek entfernte ihren gelben Stern, den sie verbotenerweise nur mit einer Sicherheitsnadel befestigt hatte. Der Polizist nannte ihr sogar eine Unterschlupfadresse.


Zweimal gelang ihr die Flucht

Fortan lebte van der Hoek in der Illegalität, getrennt von ihrer Mutter und ihrem Bruder. Die kamen in Auschwitz um, ohne dass Celine van der Hoek sie noch mal wiedergesehen hätte. Zweimal wurde sie verhaftet, jedes Mal gelang ihr die Flucht und sie tauchte erneut unter. Einmal rettete sie ein Nicht-Jude. Er ging zur Schauburg, einem ehemaligen Theater in Amsterdam, in dem viele Juden gefangen gehalten wurden. »Dies ist eine unserer besten Näherinnen«, sagte er. Eine doppelte Lüge: Weder besaß er eine Bekleidungsfabrik, in der, wie er fälschlich behauptete, Uniformen für die Wehrmacht hergestellt wurden, noch war van der Hoek eine Näherin. »Die Wahrheit ist: Ich konnte nicht einmal einen Knopf annähen«. Die Bewacher glaubten die Geschichte, und sie konnte, ohne ihre Nähkunst beweisen zu müssen, die ›Schouwburg‹ verlassen.

Im Juli 1942 erfolgte die erste große Razzia gegen Amsterdamer Juden im Rahmen der »Endlösung der Judenfrage«. Anfang 1944 waren praktisch alle Juden, die nicht rechtzeitig hatten untertauchen können, in das Durchgangslager Westerbork im Nordosten der Niederlande abtransportiert. Von dort aus wurden sie in die Vernichtungslager in Polen deportiert. Mehr als drei Viertel der 140.000 Juden, die vor dem Beginn der Besatzungszeit in den Niederlanden gelebt hatten, wurden ermordet.

Auch van der Hoek wurde schließlich von den Nazis gepackt und im Mai 1944 nach Westerborg gebracht. Sie reiste dort bewacht mit einem Reisezug hin. Die Zustände in Westerborg seien unerträglich, dachte sie damals. Heute sagt sie: »Verglichen mit Auschwitz war es ein Sanatorium«. Von Westerborg nahe der Grenze zum Deutschen Reich gingen jeden Dienstag die Transporte in die Vernichtungslager. Sie sagten: »Dort müsst ihr arbeiten«. Die Gefangenen im Lager Westerbork glaubten ihnen nicht. Sie wussten nur, dass niemand mehr zurückkehrt.

Am 6. Juni 1944 landeten die allierten Truppen in der Normandie. Die englischen und us-amerikanischen Truppen rückten in den folgenden Monaten schnell auf die Niederlande zu, im September standen sie an der Landesgrenze. Die Besatzer wurden nervös, viele setzten sich aus Westerborg ab. Doch bevor die große Fluchtwelle losging, kam van der Hoek am 12. September 1944 auf Transport. Zielort: Auschwitz.






Die Sintezza Settela Steinbach, verschleppt von den Nazis im Lager Westerbork