Webwecker Bielefeld: biebersteinautsch01

Autsch, Herr Bieberstein! (16.02.2005)



In der vergangenen Woche veröffentlichte der WebWecker eine Gegendarstellung des Universitäts-Bibliothekars Johannes Rogalla von Bieberstein. Der Autor des Buches »Jüdischer Bolschewismus – Mythos und Realität«, das dem ehemaligen CDU-Abgeordneten Martin Hohmann als Vorlage für seine als antisemitisch kritisierte Rede am 3. Oktober 2003 diente, fühlt sich in einem WebWecker-Artikel über rechtsradikale Literatur in der Universitätsbibliothek ungerecht behandelt. Lesen Sie eine Replik auf Biebersteins Schreiben von Mario A. Sarcletti


Schwerpunkt des WebWeckers zum Thema hier


Mehr als ein Jahr, nachdem ich einen Artikel über den problematischen Umgang mit rechtsextremer Literatur in der Universitätsbibliothek – wie Sie wahrscheinlich wissen, sahen auch Universitäts- und Bibliotheksleitung Handlungsbedarf – veröffentlichte, sehen Sie Anlass für eine Gegendarstellung. Zu einigen Punkten Ihres Schreibens möchte ich Stellung nehmen.

Es geht in meinen Artikeln nicht darum, wie in Ihrem Schreiben behauptet, dass Sie für »den »Einkauf« zahlreicher Bücher über (Hervorhebung MAS) den Rechtsextremismus verantwortlich« seien. Thema war vielmehr rechtsextreme Literatur in der Universitätsbibliothek und auch in dem Fachbereich Soziologie, der in Ihre Zuständigkeit fällt. Wie ich in dem Artikel vom 26. November 2003 ausführte, handelt es sich dabei um Bücher wie »Ist Rassebewusstsein verwerflich« aus dem Verlag des Holocaustleugners Thies Christophersen oder Bücher aus dem rechtsextremen Grabert-Verlag. Es ist für mich nur schwer vorstellbar, dass das »Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung« für die Bestellung all dieser Bücher verantwortlich ist.

Ich räume ein, dass ich kein Bibliotheksfachmann bin. Deshalb habe ich bei verschiedenen Hochschulbibliotheken recherchiert. Wie Sie dem Artikel entnehmen können, erläuterte der Leitende Direktor der Universitätsbibliothek Köln, Professor Wolfgang Schmitz, dass dort die Fachreferenten für die Überprüfung von Anschaffungswünschen zuständig sind. Zudem erklärte der Rektor der Universität Bielefeld, Professor Dieter Timermann, dass Fachreferenten durchaus selbst Literatur bestellen können. Ich konnte nicht ahnen, dass Ihre Kompetenzen da offensichtlich sehr viel eingeschränkter sind.

Ihr Werk über den »Jüdischen Bolschewismus« habe ich in dem Artikel an keiner Stelle als »braun« bezeichnet. Ich halte es jedoch für sehr problematisch, auf hunderten Seiten jüdische Wurzeln, Ehegatten oder sonstige Verbindungen zur jüdischen Religion bei Bolschewiki zu suchen. Die Bezeichnung »Judenriecherei« von Lutz Hoffmann trifft meiner Meinung nach den Nagel auf den Kopf. Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, wird diese Methode auch gerne von Antisemiten angewandt.

Dass ihr Buch durch den Skandal bundesweit ins Gespräch kam und eine Drittauflage notwendig wurde, ist mir etwas unverständlich – ich fand es fürchterlich langatmig. Aber immerhin ist damit der Wunsch des »Ostpreußenblatts« nach »weitester Verbreitung« des Werkes in Erfüllung gegangen. Ich vermute aber, dass es sich weniger wegen des Skandals so gut verkaufte, sondern weil es schon vorher als »wegweisender Beitrag« in Publikationen wie der »Jungen Freiheit« (JF) gefeiert wurde. Auch Hans-Helmuth-Knütter dürfte eher eine rechte Klientel angesprochen haben, als er Sie »einen verdienstvollen Tabubrecher« nannte.