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Proteste gegen Collegium Humanum (02.03.2005)





Kein Wintermärchen: Das Collegium Humanum als Zentrum der Holocaust-Leugnung



Seit Jahren ist das Collegium Humanum ein Zentrum der Holocaustleugnung. Vlothoer Bürgerinnen machen jetzt gegen das Treiben in dem Haus mobil.



Von Robert Schwarz

»Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben«, dürfte sich die erste kleine Gruppe von Antifaschistinnen und Antifaschisten gedacht haben, die am vergangenen Freitag kurz vor 17 Uhr vor dem Collegium Humanum in Vlotho eintraf. Denn eine Strafe war es schon, dass drei Teilnehmer eines Seminars in dem Haus mit der kleinen Gruppe diskutieren wollten. »Ich bin kein Nazi«, behauptete ein Mittvierziger. »Ich hab ja lange Haare«, versucht er seine Haartracht als Argument gegen rechte Gesinnung einzusetzen. Er wolle sich bei dem Seminar nur informieren.

Der, der ihn in dem Wochenendseminar »informieren« sollte, war Horst Mahler, Ex-NPD-Anwalt und im Januar wegen Volksverhetzung zu neun Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Da er Revision einlegte, sitzt Mahler noch nicht im Gefängnis, sondern auf dem Berg in Vlotho. Das Thema über das Mahler informierte, lautete: »Das Deutsche Reich als Reich der Freiheit oder Die Zukunft der Demokratie ist ihr Untergang«. Unter anderem wollte Mahler laut Einladung zum Thema »Das Konzept der Menschenrechte als Modell moderner Sklaverei« referieren. Auf dem Programm stand auch »Die Kritik der Demokratie aus Schweizer Sicht«.

Zu diesem Teil angekündigt war auch der Schweizer Bernhard Schaub, seines Zeichens Vorsitzender der »Vereinigung zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten«. Die Vereinigung wurde im November 2003 im Collegium Humanum gegründet. Dessen Chefin Ursula Haverbeck dürfte nicht nur Mitbegründerin sondern auch Klientin der Vereinigung sein, im vergangenen Jahr wurde sie wegen des Deliktes zu einer Geldstrafe verurteilt. Im Sommer vor der Vereinsgründung wollten Haverbeck, Mahler und andere nach Auschwitz fahren, um den Holocaust zu leugnen. Da Mahler die Ausreise untersagt wurde, entrollten die »Reichsbürger« ein Transparent mit der Aufschrift »Den Holocaust hat es nicht gegeben« auf der Wartburg.

Im Verlauf des Abends zeigte sich, dass Vlothoer Bürger das Treiben im Collegium Humanum nicht länger hinnehmen wollen. Gegen 18 Uhr, als das Seminar beginnen sollte, zogen etwa 80 Demonstranten vor dem Nazitreff am Berg auf, unter ihnen viele Schüler und eher bürgerliche Menschen. Der Einsatzleiter der Polizei erklärte ihnen, dass er die Versammlung als spontan werte und den Demonstranten erlauben werde vor dem Haus zu protestieren. Er müsse aber auch die »private Veranstaltung in dem Haus schützen«.

Nach etwa einer Stunde zogen die Demonstranten wieder ins Tal. »Aber wir werden jetzt einmal im Monat wiederkommen«, kündigt einer der Vlothoer Bürger an. Es fänden zwar fast wöchentlich Veranstaltungen im Collegium statt. »Aber wenn wir jedes Mal hier sind, wenn die da sind, könnte die Zahl der Teilnehmer abbröckeln«, befürchtet er.

Einige Demonstranten wollen aber auch am kommenden Samstagmittag wieder am Collegium vorbeischauen. Dann möchte die »Reichsbürgerbewegung« »endlich praktische Dinge schulen«, wie es in der Einladung zu dem Seminar heißt, das dort um 14 Uhr beginnt. Es richtet sich an »Kameradinnen und Kameraden, die fest entschlossen sind, das neue Deutsche Reich wirklich schaffen zu wollen«. Dass es bei dem Seminar um »Propaganda, Aktionen, Demos« geht, lässt befürchten, dass am kommenden Wochenende nach den älteren »Reichsbürgern« eher die jugendlichen Schläger zu erwarten sind.