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»Knotenpunkt der extremen Rechten« (16.02.2005)







Knapp zweihundert Menschen demonstrierten am vergangenen Samstag gegen die Burschenschaft Normannia-Nibelungen. Die gilt Kennern der rechten Szene nicht nur als elitärer Männerbund, sondern auch als Schnittstelle zwischen demokratischer und extremer Rechter.

Von Mario A. Sarcletti

Gruselig war das Wetter am vergangenen Samstag, der Wind peitschte den Regen durch den Bielefelder Westen. Knapp zweihundert Menschen vor allem aus dem universitären und antifaschistischen Spektrum ließen sich durch das miese Wetter aber nicht davon abhalten, ihre Meinung zur Burschenschaft Normannia-Nibelungen lauthals kundzutun.

Dies geschah nicht nur in Form von Parolen und Redebeiträgen, vor dem Haus der Burschenschaft in der Schloßhofstraße gab es gar ein fettes Hip-Hop-Konzert. Beziehungsweise in der Nähe des Hauses, die Polizei hatte die Schloßhofstraße etwa 100 Meter vor der Hausnummer 96 abgesperrt. Das Haus mit der Fahne wirkte verweist, vom angekündigten Generalconvent der Burschenschaft war nichts zu sehen. »Die sind gar nicht da«, mutmaßte ein Polizeibeamter.

Sollte es stimmen, dass die Burschen ihr Generalconvent wegen der Demonstration nicht »auf ihrem Haus« durchführten, entgingen ihnen die Auftritte von »Plan 88« und dem Gegenstrom-Projekt. »Plan 88« verwendet bewusst die Zahlenkombination, die in Nazikreisen für »Heil Hitler« steht. »H ist der achte Buchstabe im Alphabet. Die 88 steht für Hip-Hop«, erklärt einer der Rapper. Einer der Musiker forderte die Demonstranten auf, für mehr Menschlichkeit zu kämpfen, auch bei sich selbst. »In uns allen steckt ein Nazi! Das sollten wir nicht vergessen, wenn wir »Nazis raus« rufen«, appellierte er an die Zuhörer.

Eine Rednerin griff Burschenschaften allgemein und ihr elitäres Denken an. Um die Zielsetzung der Verbindungen, in denen ein autoritärer Erziehungsstil herrsche, zu erklären zitierte sie den ehemaligen Innenminister Kanther, selbst »Alter Herr« einer Burschenschaft: »Wir wollen auch weiterhin national gesinnte Menschen in alle führenden Berufe unserer Gesellschaft entsenden«, sagte der einmal. Die Rednerin betonte jedoch, dass zwischen den verschiedenen Strömungen in den Burschenschaften unterschieden werden muss.

So distanziert sich in Bielefeld die Akademische Verbindung Sparrenberg öffentlich von den Normannen, die im Rechtsaußen-Verband »Deutsche Burschenschaft« Mitglied sind. Die Distanzierung sei zwar durchaus glaubhaft. »Praktische Folgen hat sie aber nicht«, sagte die Rednerin. So träfen sich Burschenschaften der unterschiedlichsten Richtungen bei Kommersen, wie etwa dem Bismarckkommers, der in diesem Jahr am 11. März in der Bielefelder Stadthalle stattfindet. »Da wird schon morgens eine Menge Bier getrunken und dann fallen sämtliche Berührungsängste«, beschreibt die Sprecherin eine solche Veranstaltung. Bei einem anderen jährlichen Burschenschafter-Treffen, dem Marburger Marktfrühschoppen, kämen auch NPDler im Sicherheitsdienst zum Einsatz.

Ein Redner der Antifa-West erklärte, die Burschenschaft sei »nicht Teil, sondern Knotenpunkt der extremen Rechten.« Am Beispiel einiger Normannen zeigte er die Verbindungen zur rechtsextremen Szene. So sei ein ehemaliger Aktivensprecher als Mitglied der verbotenen Nationalistischen Front geführt worden, ein anderer für den Internetauftritt des H8-Rock-Versandes verantwortlich gewesen. Da die Normannia-Nibelungen sich aber gleichzeitig als normale Studentenverbindung darstelle, »agieren extreme Rechte als Teil der bürgerlichen Mitte«. Der Redner erinnerte zudem an Veranstaltungen der Normannia mit Rechtsextremen wie NPD-Anwalt Horst Mahler. Auch Ursula Haverbeck-Wetzel vom Vlothoer Collegium Humanum, im vergangenen Jahr wegen Leugnung des Holocaust verurteilt, soll im Haus an der Schloßhofstraße bereits einen Vortrag gehalten haben