Webwecker Bielefeld: stillen03

Vom Stillen im öffentlichen Raum (Teil 3)



Anders reagierte die Ingolstädter Öffentlichkeit auf den Fall einer 33-Jährigen Mutter, die ein Restaurantbetreiber bat, ihr Kind auf der Toilette zu stillen oder den Laden zu verlassen. Nachdem die Lokalpresse ihn in mehreren Berichten verhackstückt und zahlreiche IngolstädterInnen ihrem Unmut in Leserbriefen Luft gemacht hatten, lenkte der Betreiber ein: An einem der folgenden Wochenenden erhielt jede stillende Mutter »zur Versöhnung« ein Frühstück im Wert von fünf Euro.

Das Stillen an sich müsse überall auf der Welt unterstützt, geschützt und gefördert werden, fordert die Aktionsgruppe Babynahrung. Es sei schon merkwürdig, dass Nahrungsmittelkonzerne Millionen an Steuergeldern für die Entwicklung von Functional Food erhalten, während die von WHO und Unicef angeregte »Initiative Stillfreundliches Krankenhaus (BFHI)« in Deutschland nur schwerlich kraft Gesetz auf die Beine gekommen sei (siehe PDF im Anhang, weitere Informationen unter www.babynahrung.org ). Die Gewinne aus dieser Forschung würden privatisiert, die Kosten sozialisiert. Dabei sei es dringend an der Zeit für eine finanziell adäquat ausgestattete Stillförderung in Deutschland und weltweit.

Denn während das Stillen in den westlichen Ländern eine Glaubensfrage ist, kann es in der so genannten dritten Welt über Leben und Tod entscheiden. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO und Unicef sterben weltweit jährlich 1,5 Millionen Kinder, weil sie nicht gestillt, sondern mit industriell hergestellten Produkten gefüttert werden, die nicht unter besten Bedingungen zubereitet werden können. Die Kleinen verhungern, trocknen aus oder verenden an Infektionen. Die Zahlen sind seit Jahren bekannt. Dennoch verspricht die heile Werbewelt der Babynahrungskonzerne den Müttern weiter gesunde und runde Kinder, wenn sie statt der Brust die Flasche geben. Mit großzügigen Werbegeschenke an Privatleute und Einrichtungen des Gesundheitswesens verleihen die Konzerne ihren Behauptungen Nachdruck.


Beliebte Ammenmärchen

Aus den verschiedensten Gründen hat also auch hierzulande eine Öffentlichkeit, deren Zeitungsstände mit Bildern von nackten Brüsten gepflastert sind, an Vorurteilen gegenüber dem Anblick stillender Mütter zu knabbern. Gudrun von der Ohe hat für den der Berufsverband der Still- und Laktationsberaterinnen in Deutschland (IBCLC) die beliebtesten Ammenmärchen übers Stillen gesammelt (siehe www.bdl-stillen.de ).

Sie bestreitet gängige Vorurteile, etwa dass die Milch der Mutter abends nicht ausreiche, dass zwischen dem Stillen zwei Stunden Pause liegen müssten (»Bekommen Sie Bauchschmerzen, wenn Sie kurz nach dem Essen wieder Appetit haben?«), dass Muttermilch zu dünn sei, um das Baby satt zu machen, dass bei jeder Stillmahlzeit beide Brüste leer getrunken werden müssten (»Eine Brust kann nie leer getrunken werden, sie funktioniert nicht wie eine Flasche«), dass die Milch sauer wird, wenn Mütter Sport treiben und ihre Brust nach ein paar Monaten wieder dem Gatten gehören solle (???).

Blödsinn lässt sich entkräften. Darüber hinaus erinnert der La Leche Liga e.V., dass nicht nur gesundheitswissenschaftliche und medizinische Argumente fürs Stillen sprechen: »Nicht weniger wichtig ist die Tatsache, dass Stillen eine Verkörperung von Mütterlichkeit in ihrer einmalig schönen und unersetzlichen Art ist. Gerade weil die ersten Wochen eine Periode des gegenseitigen Kennenlernens und aneinander Gewöhnens sind, gibt es nichts Wichtigeres für junge Mütter und Väter, als die Nähe ihres Babys zu spüren, es zu streicheln, zu beruhigen, zu tragen, ihr Kind einfach zu genießen. Und was wäre da selbstverständlicher, als zu stillen?«

Info: www.lalecheliga.de www.hebammenzentrale.de www.bdl-stillen.de www.babyclub.de www.babynahrung.org

Hier liegt eine Liste stillfreundicher Kliniken als PDF-Dokument (132 kb)


zurück zum Menü