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Bazillus Hermannslauf (06.04.2005)







Einer der größten Volksläufe Deutschlands wird vom Bielefelder Sportverein TSVE 1890 ausgerichtet. Am letzten Sonntag im April ist es wieder so weit. Über 7.000 Läuferinnen und Läufer haben sich bereits angemeldet. (Foto: Huib Rutten)

(bielefeld bewegt) Kein Mensch weit und breit. Um sechs Uhr morgens ist es beinahe still am Hermannsdenkmal bei Detmold. Nur die Vögel zwitschern munter. »Ein wunderschönes Gefühl«, beschreibt Horst Szuba diesen Augenblick der Ruhe vor dem Sturm. Wie jedes Jahr wird der 56-Jährige am letzten Sonntag im April der Erste am Startort sein. Ab acht Uhr rollen im Minutentakt über 100 Busse aus Bielefeld an. Rund 7.000 Läufer, Wanderer und Walker werden so zum Denkmal auf der Grotenburg gebracht. Sie alle haben nur ein Ziel vor Augen: die Sparrenburg in Bielefeld.

Horst Szuba ist Mitglied im fünfköpfigen Leitungsteam des TSVE 1890 Bielefeld e. V. Der Sportverein ist seit 1988 Ausrichter für einen der größten Volksläufe Deutschlands – den Hermannslauf. Genau 31,1 Kilometer geht es bergauf und bergab über Treppen, Straßen und Wanderwege durch den Teutoburger Wald. Und das bereits zum 34. Mal. »Der Lauf hat ein überregionales Renommee – das macht uns schon ein bisschen stolz.«


Wie das Ziel zum Start wurde

Erfinder und Initiator des Hermannslaufes ist der Bielefelder Wolfgang Schlüter. Dem Rechtsanwalt kam 1971 die Idee, einen Volkslauf zu organisieren. Auslöser war die Teilnahme des Bielefelder Skiclubs am traditionsreichen Wasa-Lauf in Schweden. »Als ich nach 85 Kilometern völlig erschöpft ins Ziel kam und mit Wolfgang-Wolfgang-Rufen empfangen wurde, empfand ich ein überwältigendes Glücksgefühl«, erinnert sich Schlüter. Der damals 36-Jährige war fasziniert von der volksfestartigen Atmosphäre. Schnell überzeugte er seinen Laufgefährten Peter Gehrmann von einem Geländelauf. Und so machten die beiden – mangels Schnee allerdings ohne Skier – einen Testlauf auf dem Kamm des Teutoburger Waldes.

»Am Ende wäre ich beinahe gestorben«, erinnert er sich mit Grauen an den letzten Anstieg zur Grotenburg, dem Berg, auf dem das Standbild des Cheruskerfürsten thront. Doch das Problem wurde schnell gelöst, der anvisierte Zielort einfach zum Startpunkt umfunktioniert. Am 16. April 1972 fiel der Startschuss zum ersten Hermannslauf mit 800 Teilnehmern. 1987 war der Club mit der Durchführung des Laufs überfordert – mittlerweile nahmen rund 3.000 Läufer teil. Die Rechte wurden dem TSVE 1890 Bielefeld übertragen.


Der Marathon unter den Volksläufen

Trotz der Richtungsänderung – vom Hermannsdenkmal geht es zunächst gut zwei Kilometer bergab – ist die Strecke nicht minder anspruchsvoll. Schnee, Regen, Wind oder Hitze – beim Hermann müssen die Teilnehmer mit allem rechnen. »Wer den Hermann schafft, kann auch einen Marathon laufen«, weiß Horst Szuba aus eigener Erfahrung. »Der Wegverlauf weist rund 700 Meter Gefälle, aber auch 500 Meter Anstieg auf. Eine einheitliche Bodenbeschaffenheit gibt es nicht. Sand- und Waldboden, Asphalt und 500 Meter Kopfsteinpflaster sind zu bewältigen.«

Berühmt-berüchtigt sind die »Lämershagener Treppen«: 100 Stufen geht es hoch. Zeit zum Verschnaufen bleibt kaum, denn kurz danach beginnt der lange Anstieg zum »Eisernen Anton«, einem Aussichtsturm. »Was die Strecke so anspruchsvoll und gleichermaßen reizvoll macht, ist der streckenbedingte Laufrhythmuswechsel. Deshalb kommen die Strapazen einem Marathon gleich.«