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2.000 zeigten Würde (04.05.2005)





Die Rockband Commandantes zeigte, das Würde und Sonnenschutz durchaus zusammengehen können. Sie stimmte die Menge mit aufgepeppten Arbeiterliedern wie »Der rote Wedding« ein.


Von Manfred Horn

Weltweit waren Hunderttausende auf der Straße, in Bielefeld versammelten sich rund 2.000, die sich bei bestem Wetter zwischen politischer Bildung und arabischem Essen im Ravensberger Park einfanden. Zuvor zog traditionell ein Demonstrationszug von der Marktstraße bis zum Ravensberger Park.

Der DGB hatte geladen, nach dem Motto: »Du hast Würde. Zeig Sie!«. Hauptredner auf der Kundgebung im Ravensberger Park war Wolfgang Rhode, Vorstandsmitglied der IG Metall. Er sprach von einem »entfesselten Aktionärskapitalismus«. Die vorgebliche Unternehmer-Therapie: »Wenn es uns gut geht, geht es euch auch gut«, sei gescheitert. Die Unternehmen hätten sich verselbstständigt. Immer mehr Unternehmen ginge es gut, und trotzdem würden Arbeitsplätze abgebaut. »Die Unternehmen müssen gezwungen werden, ihrer Pflicht nachzukommen«, sagte Rhode und erteilte dem Shareholder-Kapitalismus, der nur noch auf den maximalen Profit der Aktionäre und Manager zielt, eine deutliche Absage.

Rhode nannte es »einen Skandal«, dass acht Millionen Menschen in Deutschland in Armut leben, gleichzeitig aber die Vorstände der DAX-notierten Unternehmen in 2003 im Schnitt 2,5 Millionen Euro verdienten, was zudem einer Einkommenssteigerung von 11 Prozent gegenüber 2002 entsprochen habe. Rhode zitierte den Alt-Bundeskanzler Willy Brandt: »Reform ist, wenn es allen besser geht«. Dieses Motto auf die heutige Zeit gewendet, könne man nicht von Reformen sprechen. Die Unternehmen müssten sich wieder vergegenwärtigen, dass sie es mit lebenden Menschen und nicht nur mit Kostenfaktoren zu tun haben, ergänzte Rhode.





ver.di forderte auf der Demonstration einen Tarifvertrag für alle Landesbeschäftigten

Rhode griff bei der Verpflichtung der Unternehmer auf das Grundgesetz zurück, in dem unter anderem steht, dass Eigentum verpflichtet. Rhode gab auch gleich den Weg vor: Man benötige ein europaweit abgestimmtes Investitionsprogramm, eine Stärkung der Qualität in den Betrieben – die IG Metall spricht von ›Besser statt billiger‹ – und eine Verkürzung statt Verlängerung der Arbeitszeit. Zudem müssten alle Menschen freien Zugang zu Bildung haben und die Binnennachfrage wieder angekurbelt werden. Lohndumping und Lohnzurückhaltung müssten ein Ende haben: »Wir brauchen einen grundlegenden Politikwechsel«, forderte Rhode. Wie die IG Metall diese Ziele erreichen will, sagte Rhode allerdings nicht.

Rhode traf die Stimmung der Maibewegten. Zwischenrufe gab es, als er positiv an die Kapitalismuskritik der SPD anknüpfte. Dies war aber auch ein wesentlicher Unterschied zur Mai-Kundgebung vor einem Jahr. Damals stand die Kritik an Hartz IV im Vordergrund. Sie war zwar auch diesmal präsent, allerdings in organisierterer Form. Es gab weniger Pfiffe und mehr Applaus, dafür präsentierten sich verschiedene Initiativen, die sich bemühen, die Hartz-Reformen zu kippen, in Form von Info-Ständen im Ravensberger Park. Mit dabei auch die Bielefelder Montagsdemonstration, die seit Sommer 2004 jeden Montag Abend auf dem Jahnplatz gegen den Sozialabbau demonstriert.






Gehört zu jeder Maidemonstration in Bielefeld: Organisierte Migranten, vor allem aus der Türkei, mit antikapitalistischen und antirassistischen Motiven