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Ein Fall für die Mikrowelle (15.06.2005)





Hält zwar einen Prototypen in der Hand, ansonsten aber gar nichts vom neuen Reisepass: padeluun vom FoeBuD



Ab November werden in Deutschland neue Reisepässe eingeführt: Mit Chip und biometrischen Daten. Der Pass kostet dann mehr als das Doppelte, und bietet obendrein keineswegs mehr Sicherheit, meint padeluun vom Bielefelder FoeBuD.


Von Manfred Horn

Nun ist es amtlich: Im November kommt der neue Reisepass. Er wird nicht nur erheblich teurer werden – 59 statt 23 Euro – er wird auch wesentlich mehr Daten enthalten. Denn ein Chip im Pass dient künftig zum Abspeichern und Auslesen biometrischer Daten wie auch zwei digital aufbereiteter Fingerabdrücke, die ab März 2007 hinzukommen sollen, später eventuell sogar noch ein Iris-Scan.

Für den Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) ist der neue Pass ein Instrument im Kampf gegen weltweiten Terror. Schily begründete die Einführung des neuen Reisepasses auch mit geänderten Einreisebestimmungen in den USA: Es hieß, dass ab Ende Oktober nur noch mit biometrischen Daten in die USA eingereist werden darf. Wie die Zeitung ›Sunday Times‹ jedoch in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, denkt das Heimatschutzministerium in den USA zur Zeit darüber nach, ob der biometrische Ausweis überhaupt zwingend wird. Ein Sprecher des Ministeriums sagte zu der Zeitung, dass man zwar weiter auf die Einführung Ende Oktober hinarbeite, aber noch keine formale Entscheidung getroffen habe.

Nun ist offensichtlich auch eine weitere Variante im Gespräch: Ein herkömmlicher Reisepass mit digitalisiert korrigierten, aufgedruckten Photo, aber ohne einen Chip. Die Republik Irland geht inzwischen sogar davon aus, das ihr Reisepass, der so aufgebaut ist, auch nach Ende Oktober in den USA akzeptiert wird.

Biometrie ist allgemein die Lehre von der Messung an Lebewesen, in diesem Kontext geht es um biometrische Authentifikation: Durch Bestimmung körperlicher Merkmale während des Authentifikationsvorgangs soll durch Vergleich mit den hinterlegten biometrischen Daten die Identität einer Person festgestellt werden. Für Schily zeigt der Ausweis auch, dass »Deutschland das Knowhow und die Innovationskraft hat, um im jungen Sektor Biometrie Standards zu setzen«.


Exportschlager Biometrieausweis?

Genau hier liege auch das eigentliche Interesse, erklärt padeluun vom Bielefelder Datenschutzverein FoeBuD: »Nur die Industrie hat etwas von der Einführung«. Zwei Unternehmen werden den neuen Reisepass produzieren: Die privatisierte ›Bundesdruckerei‹ bekommt den Löwenanteil des Auftrags, zudem wird das Unternehmen ›Giesecke & Devrient‹ die neuen Ausweise produzieren. »Dabei werden in keinem nennenswerten Umfang Arbeitsplätze entstehen«, sagt padeluun. Ausweisherstellung ist heutzutage ein vollautomatisches Geschäft. Zu vermuten ist, dass Deutschland sich damit an die Spitze im Bereich biometrischer Ausweise stellen und diese entsprechend auch gewinnbringend exportieren will.

Der Pass wird wie bisher auch, für alle lesbar, weil gedruckt, die personenbezogenen Daten sowie ein Lichtbild enthalten. Diese Informationen werden zusätzlich nochmals auf dem Chip abgespeichert. Hält jemand auf dem Foto den Kopf schief: Auf dem Chip ist er dann gerade abgebildet. Mittels Software wird hier korrigiert, damit eine Gesichtsvermessung bei einer Ausweiskontrolle überhaupt machbar ist. Durch eine unsichtbare Antenne, die in den Reisepass integriert ist, kann der Chip dann per Funk ausgelesen werden – die umstrittene RFID-Technik kommt hier zum Einsatz. Am Terminal, zum Beispiel auf einem Flughafen, sollen die Daten des Passinhabers dann sichtbar sein.