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Großes Interesse an Linkspartei (10.08.2005)





Bielefelder Links-Spitze: Den Blick nach links gewendet



Knapp 200 Interessierte wollten am 2. August die Bielefelder Vertreter der Linkspartei kennen lernen. Bestimmendes Thema war erwartungsgemäß Hartz IV und der Sozialabbau. Aber auch die Zukunft der neuen Gruppierung wurde diskutiert, mehrere Redner betonten, dass sie nicht den Weg der Grünen gehen wollten. Vielmehr hoffen die meisten, dass die Partei auch nach einem Einzug in den Bundestag den Kontakt zu den außerparlamentarischen Bewegungen nicht verliert.


Von Mario A. Sarcletti

Mit so großem Interesse hatten wohl auch die Organisatoren der Informationsveranstaltung der Linkspartei im Großen Saal des Neuen Rathauses nicht gerechnet. Noch kurz vor ihrem Beginn karrt ein Mann im T-Shirt der WASG Stühle heran. Knapp zweihundert Interessierte sind es schließlich, die wissen wollen, was »Die Linke« zu bieten hat. Es sind aber nicht die »üblichen Vedächtigen« aus dem linken Spektrum. »Ich sehe viele Menschen, die ich bisher noch nicht auf politischen Veranstaltungen getroffen habe«, freut sich Susanne Schrege, PDS-Bezirksvertreterin in Schildesche. Tatsächlich sind es viele ältere Menschen aus dem eher bürgerlichen Spektrum, die vor allem an den Vorstellungen der Linkspartei zur Sozial- und Arbeitsmarktpolitik interessiert sind.

Erwartungsgemäß sind das auch die Politikbereiche, die Dirk Schmitz, Gründer der WASG in Bielefeld, als erste anspricht. Hartz IV sei unsozial, schimpft er, 1-Euro-Jobs Zwangsarbeit. »Wir wollen Gesetze und Verordnungen durchsetzen, mit denen nicht nur Politik für die Reichen im Land gemacht wird«, kündigt Schmitz an. Auch Inge Höger-Neuling, die beim Parteitag in Essen Ende Juli auf Platz 3 der Landesliste gewählt wurde, thematisiert die Sozialpolitik, nutzt sie für einen Angriff auf die Bundesregierung: »Viele von uns hatten Hoffnungen auf Rot-Grün nach 16 Jahren Kohl gesetzt«, beschreibt sie ihre Haltung vor dem Machtwechsel in Berlin und spricht von ihrer Enttäuschung: »Es hat keine Partei gegeben, die die Umverteilung von unten nach oben so umgesetzt hat«.

Auch Brigitte Stelzig möchte vor allem die »fürchterlichen Auswirkungen von Hartz IV mindern«, die Rücknahme des Reformpakets erreichen. Außerdem solle Arbeit neu verteilt werden, fordert sie. Sie spricht auch über die Finanzierung eines Kurswechsels in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik: Die Vermögenssteuer müsse wieder eingeführt und die Körperschaftssteuer reformiert werden. Zusätzliche Staatseinnahmen verspricht sich Stelzig auch durch das Stopfen von Steuerschlupflöchern.

Ein weiteres Thema der Veranstaltung war, die Zukunft der Linkspartei, wenn sie, was Umfragen erwarten lassen, in den Bundestag einzieht. »Wir stehen nicht für eine Mehrheitsbeschafferpartei ein«, erklärt Brigitte Stelzig. Inge Höger-Neuland sekundiert: »Man hat ja gesehen, was aus den Grünen geworden ist, seit sie an der Regierung beteiligt sind.« Auch Sabahhatin Karakoc, Sprecher des PDS-Vorstands in OWL, warnt vor dem Weg an die Macht: »Es gibt einen Grund die Linkspartei nicht zu wählen, nämlich dann, wenn sie den Weg von Rot-Grün geht«. Diesen Weg verhindern soll die Bindung an außerparlamentarische Bewegungen wie attac oder die Gewerkschaften, deren Sprachrohr »Die Linke« sein soll. Er räumt jedoch ein, dass jede politische Partei antrete um irgendwann zu regieren.

Auch Beate Niemeyer, PDS-Ratsfrau in Bielefeld, hofft, dass die Partei auch bei einem Einzug in den Bundestag den Kontakt zur Basis nicht verliert. »Die Vertreter, die in den Bundestag gehen, sollten diese Verbindung zwischen den Initiativen vor Ort und der Politik im Land herstellen«, fordert sie. Zudem verlangt sie, dass das Wahlprogramm überarbeitet wird: »Das Programm, das wir jetzt haben, erinnert mich stark an das Godesberger Konzept, daran muss noch gearbeitet werden«, warnt sie vor einer »Sozialdemokratisierung« der Linkspartei.