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Schröder sozial (17.08.2005)





Bundeskanzler Schröder in Bielefeld:
Deutschland soll in der Welt eine »mittlere Macht« werden



Von Manfred Horn

Ausgerechnet in Bielefeld eröffnete Gerhard Schröder seine Wahlkampftour durch NRW vor der Bundestagswahl. Irgendwie lag es vielleicht nahe, feierte er doch einen Tag zuvor im benachbarten Hannover vor 10.000 Zuhörern einen gelungenen Auftakt der Ochsentour, die ihn quer durch die Städte der Republik führen wird.

In Bielefeld versammelten sich nach SPD-Angaben 6.000 Genossen und andere Menschen, die ›Neue Westfälische‹ schreibt sogar von 7.000. Wie viele es wirklich waren, lässt sich seriös nicht sagen. Jedenfalls war der Platz vor dem Neuen Rathaus randvoll, die Menschen standen dichtgedrängt bis zur Stadtbahnlinie auf dem Niedernwall.

Ein gut aufgelegter Schröder eröffnete mit einem Vergangenheitsschnipzel: Schließlich machte er am Westfalen-Kolleg in Bielefeld auf dem zweiten Bildungsweg Abitur und kennt die Stadt aus dieser Zeit. Seine Einstiegsanekdote wirkte für den Medienkanzler schlechthin jedoch ein bisschen sparsam: Er habe damals in der Bebel-Straße – Schröder meint die August-Bebel-Straße – gewohnt, was habe aus ihm anders werden können als ein führender Sozialdemokrat.





Schröder kanzelte Lafontaine, dessen Anhänger machten sich wiederum im Publikum bemerkbar


Seine fast 40-minütige Rede glich einem Themenpotpourri: Von Friedenspolitik bis bin zum Atomausstieg war so ziemlich alles drin. Auffallend war jedoch, dass Schröder sich in seiner Rede auf die Sozialpolitik konzentrierte. Er proklamierte für die SPD die »soziale Gerechtigkeit«, auch in deutlicher Abgrenzung zur Linkspartei. Schröder vermied es, die Linkspartei mit derben Sprüchen einzudecken, machte aber zwei Vorwürfe an die Linkspartei: Sie sei nicht vorsichtig genug bei ihrer Grenzziehung zum »rechten Sumpf« und – dies ging klar an die Adresse seines ehemaligen Mitgenossen Lafontaine – wer vor der Verantwortung fliehe, könne kein Land regieren.


Die SPD ist die soziale Gerechtigkeit

Deutlich wurde in seiner Rede aber, dass die Linkspartei der SPD Beine macht – beziehungsweise die Umfragewerte der Linkspartei. Von der »Neuen Mitte« war keine Rede mehr, vielmehr spielte Schröder die Klaviatur des sozialen Ausgleichs, für den die SPD stehe. Die Gesellschaft müsse solidarisch organisiert werden, dies könne nur die SPD. »Die anderen haben bewiesen, dass sie unfähig sind, diese Zukunftsaufgabe anzupacken«, sagte er in Hinblick auf den von der CDU/FDP Regierung in den 1990er Jahren verursachten Reformstau der sozialen Sicherungssysteme.

Ein sichtlich kämpferischer Schröder geriet sogar ins Schwärmerische: »Es gibt nichts schöneres, wenn Menschen für Menschen einstehen«. Schröder nannte das Beispiel Gesundheitsversorgung: Diese dürfe nicht vom Geldbeutel abhängig sein. Die Gesundheitsreform sei richtig: Aus Verlusten der Kassen seien Überschüsse geworden. Die von der CDU vorgeschlagene Kopfpauschale griff er an: »Die anderen wollen, dass der Generaldirektor den gleichen Beitrag zahlt wie diejenige, die sein Büro putzt«.

Schröder verteidigte die Sozialreformen der vergangenen zwei Jahre, vor allem die Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe. Es sei notwendig gewesen, 180.000 junge Menschen aus der Sozialhilfe herauszuholen um ihnen eine Chance auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu geben. Zu den Errungenschaften zählte er auch die modifizierte Altersversorgung: »Eine sichere Altersversorgung ist keine Gnade, sondern ein Recht«.





Sichtbarer Protest aus den eigenen Reihen:
Die Jusos schrieben ihre Forderungen auf rote Tafeln