Webwecker Bielefeld: fichteangriff

Angriff auf Fichte-Fans (21.09.2005)





Der idealtypische rechtsextreme Fußballfan: Hier ein Modell aus der Ausstellung ›Tatort Stadion‹


Von Manfred Horn

Die Fans des VfB Fichte aus Bielefeld waren am Freitag Abend im Heidewaldstadion in Feierlaune: Ihr Verein hatte in der Oberliga den FC Gütersloh 2:1 besiegt. Dabei trat der VfB Fichte als Tabellenletzter an, der FC Gütersloh war vor dem Spiel immerhin Tabellen-Vierter. Doch nach dem Spiel wurden die Fichte-Fans von einer Gruppe Nazis brutal attackiert, einige von ihnen trugen Verletzungen davon.

Mit der zweiten Halbzeit, in der der VfB Fichte einen 0:1 Rückstand noch drehte, bemerkten die rund 20 Fichte Fans, dass sich Ungewohntes tat: Neben der eigentlichen Gütersloher Fankurve stand eine Gruppe von circa 30 Nazis. Sie waren auf die Entfernung und bei einer Zuschauermenge von rund 2.000 Besuchern nicht als solche zu erkennen – die Fichte-Fans standen ein halbes Stadion weiter. Doch deutlich zu hören waren Rufe: »Rotfront verrecke«, Böhse Onkelz-Lieder wurden gesungen und »Scheiß Kommunisten« skandiert. Den verbalen Höhepunkt erreichten die Nazis mit der Parole »Faschisten FCG«, soll heißen: Wir sind die Faschisten vom FC Gütersloh.

Zu diesem Zeitpunkt war deutlich: Im Heidewaldstadion sind Nazis. Doch niemand reagierte. Nicht ein einziger Polizist war im Stadion – und die Verantwortlichen des FC Gütersloh hielten es offenbar nicht für nötig, Ordnungshüter herbeizurufen. Und dies, obwohl die Haupttribüne, auf der auch die Vereinsverantwortlichen saßen, in direkter Nachbarschaft zu dem Nazi-Block war. »Bis heute haben wir vom Verein keine Entschuldigung erhalten«, sagt ein Fan des VfB Fichte, der namentlich nicht genannt werden will, zum WebWecker. Auch der vereinseigene Ordnerdienst versagte: Zwei Ordner standen während des ganzen Spiels hinter den Fichte-Fans, in der zweiten Halbzeit kamen drei weitere dazu. Einer der Fichte-Fans fragte dann einen der Ordner, ob das Zusammenziehen der Ordner zu bedeuten habe, dass es beim Verlassen des Stadions noch Ärger geben könne. Diese Frage wurde nach Aussage des Fichte-Fans bejaht. Circa zehn Minuten vor Spielende waren die Nazis nicht mehr an der alten Stelle, die Fichte-Fans wussten nicht, wohin sie gegangen waren.


Auf einmal waren die Ordner weg

Als das Spiel vorbei war, waren plötzlich auch die Ordner verschwunden. Die Fichte-Fans feierten ihre Spieler, die zu ihnen an die Bande kamen. Sie packten ihre Sachen zusammen, rollten die Transparente ein. Circa zehn Minuten nach dem Spiel gingen sie dann zum einzigen für sie erreichbaren Ausgang – dem Hauptausgang. Dazu mussten sie an der Stelle vorbei, an der zuvor die Nazis gestanden hatten. Die postierten sich allerdings um: Sie standen nun weiter oben bei der Bier- und Würstchenbude direkt vor dem Ausgang. In einem Halbkreis hätten sie sich aufgestellt, berichtet der Fichte-Fan. Als diese sich näherten, hagelten ohne Ankündigung Schläge und Tritte auf die Fichte-Fans ein. Einige Minuten ging das so – die Fichte-Fans versuchten sich zu schützen, wurden aber immer wieder attackiert. Von Ordnern sei weit und breit nichts zu sehen gewesen, erzählen die Fans.

Die Aktion wurde von jemand, der der Anführer der Nazis gewesen sein könnte, beendet: Offenbar wollten die Nazis eine Personalien-Feststellung verhindern. Erst als die Nazis vom unmittelbaren Tatort abgezogen waren, kamen Ordner. Diese wurden nun von den Fichte-Fans ob ihres Fehlens während der Nazi-Angriffe verbal angegriffen. Ordner hätten ihr Fehlen mit Aufräumarbeiten entschuldigt. Der Gipfel sei gewesen, berichtet der Fichte-Fan, als ein Ordner sogar die Personalien aufnehmen wollte.