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Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit (02.11.2005)



Eine große Mehrheit verabschiedete in der Ratssitzung am vergangenen Donnerstag ein Konzept gegen Jugendarbeitslosigkeit. In Bielefeld sind Tausende Jugendliche ohne Job und Ausbildung.



Von Manfred Horn

Ein durchdachter Gemischtwarenladen soll die Ausbildungsplatz-Misere in Bielefeld mildern. SPD und Grüne erdachten sich dabei einen gemeinsamen Antrag für den Rat der Stadt. Mit kleinen Änderungen unterstützen dann auch CDU und BfB den Antrag, so dass er gemeinsam in den Rat gebracht wurde. Entsprechend fand er am vergangenen Donnerstag eine breite Mehrheit.

In Bielefeld ist die Ausbildungsplatz-Situation dramatisch. Da hilft es auch nichts, wenn Günter Garbrecht, Landtagsabgeordneter und Stadtrat der SPD, voraussieht, dass in »zehn Jahren um Jugendliche gerungen wird, die einen Ausbildungsplatz beginnen wollen«. Jetzt ist jetzt – und das Ausbildungsjahr beginnt typischerweise Anfang September. Doch immer noch sind knapp 800 von denjenigen, die im Juli von der Schule abgegangen sind, ohne Ausbildungsplatz. Hinzu kommen rund 5.000 Jugendliche unter 25 Jahren, die ohne Ausbildung und Job sind. Davon sind circa 2.800 Leistungsbezieher des Arbeitslosengeldes-II. 80 Prozent von ihnen haben nicht nur keinen Job, sondern auch keine Ausbildung. Die Zahlen sind nicht besonders exakt, deswegen ist Teil des Ratsbeschlusses, in Zukunft eine zentrale Erfassungsstelle einzurichten.

Es sind vor allem die Handwerks- und die Industrie- und Handelskammer, die sich um die Vermittlung von Jugendlichen in einen Ausbildungsplatz bemühen. Inge Schulze, Fraktionssprecherin der Grünen, schätzt, dass die Kammern in den nächsten Wochen Zeit noch 200 bis 400 Jugendliche in einen Ausbildungsplatz vermitteln können. Die Kammern, die jegliche Zwangsregelungen wie eine Ausbildungsplatzabgabe strikt ablehnen, müssen jedoch aus Sicht von Garbrecht »ihre Anstrengungen noch vervielfachen«.


Was machen die Kammern?

Dazu gehört, das SPD und Grüne die Kammern auffordern, bei dem nun vorgestellten Maßnahmenbündel mit ins Boot zu steigen. Gespräche hat es bereits gegeben, Interesse auch, aber die Kammern seien durchaus noch reserviert, wie Schulze betont. Ohne die Kammern aber lässt sich der Ratsbeschluss nicht umsetzen. Grüne und SPD schlagen unter anderem eine Einstiegqualifizierung für Jugendliche vor. Ausbildungsfähige Jugendliche – also solche die einen Schulabschluss haben und entsprechend als grundsätzlich vermittelbar gelten – sollen für ein Jahr einen Praktikumsplatz erhalten. Schulze hält es für möglich, 100 Jugendliche auf diesem Weg zu vermitteln. Bereits 2004 habe es mit diesem Modell einen »hohen Klebeeffekt« gegeben – viele Jugendliche seien anschließend in eine Ausbildung übernommen worden.

Die Landesregierung hat ihrerseits das Projekt ›Werkstattjahr‹ ausgerufen. Es richtet sich an Jugendliche, die als »nicht ausbildungsfähig« klassifiziert werden, weil sie über keinen Schulabschluss verfügen und auch ansonsten eine problematische Biographie mit sich herumtragen. Für diese Jugendlichen kommt dabei ein freiwilliges Jahr ohne Vergütung heraus – mit einem Mix aus Betrieb, Schule und Handwerk-Bildungszentrum. In den zwei Tagen Schule pro Woche soll es auch möglich sein, einen schulischen Abschluss nachzuholen. Rund 200 Jugendliche, so hofft Rot-Grün, seien so in Bielefeld vermittelbar. Am 1. Januar soll die Maßnahme beginnen.

Ein Sandwichmodell – ein Jahr Schule, ein Jahr Betrieb und ein Jahr Berufsschule – stellt die ›Berufsfachschule Plus‹ dar. Für den außerbetrieblichen praktischen Teil sollen neben den vorhandenen Kapazitäten in den Berufskollegs auch die Möglichkeiten von außerschulischen Kooperationspartnern genutzt werden. 60 Plätze sollen so für ausbildungsfähige Jugendliche entstehen. Es handelt sich um eine sogenannte »vollschulige Ausbildung«, die mit einer externen Facharbeiterprüfung endet. Der müssen die Kammern aber noch zustimmen.