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Wir informieren: Die Bahn kommt nicht (21.12.2005)



Ein Kommentar von Mario A. Sarcletti

Wow, der Bielefelder Bahnhof bekommt eine elektronische Anzeigentafel. Aber für die Technik, die weltweit Standard ist, mag die Bahn nichts ausgeben. Oder nicht viel, nix genaues weiß man nicht. Neunzig Prozent der Kosten in Höhe von 750.000 Euro bezahlt auf jeden Fall das Land. Laut Angaben der Neuen Westfälischen übernimmt den Rest der Verkehrsverbund OWL. Die Bahn behauptet sie würde bezahlen, ihr Sprecher weigert sich aber konkrete Zahlen zu nennen. Diese Nicht-Kommunikation passt zum Unternehmen. Denn die Kunden mag es auch nicht gern informieren, meint Mario A. Sarcletti nach seinen bahnbrechenden Erlebnissen in der vergangenen Woche.


Ich pendle mehrmals pro Woche von Minden nach Bielefeld – natürlich mit der Bahn. An Verspätungen des ehemaligen Staatsbetriebs habe ich mich dabei selbstverständlich gewöhnt, sie mit untertänigster Geduld ertragen gelernt. Die vergangene Woche war denn aber doch zu abgefahren, mein Verhältnis zu dem Transporteur kann seither als zerrüttet bezeichnet werden. Es begann am Dienstag: Um 11.15 Uhr erwartet mich mein Bielefelder Zahnarzt – dringender Termin noch vor den Feiertagen. Am Mindener Bahnhof wundere ich mich, dass der Regionalexpress nach Düsseldorf kurz vor halb noch nicht auf Gleis 1 meiner harrt. Also schnell in die Halle, der wird doch nicht Verspätung haben?


Mitfühlender Zahnarzt

Die Anzeigentafel – jaja, in Minden gibt es so etwas – belehrt mich eines Schlechteren. »Zug fällt aus« lautet die schlichte schlechte Nachricht. Über den Grund informiert keine Ansage, der Journalist ist aber ein neugieriges Wesen und nach einigem Suchen finde ich einen DIN A4 großen Aushang: Wegen Gleisbauarbeiten fällt zwischen 12. und 15. Dezember jeder 2. Zug von Minden ins Oberzentrum aus, der Regionalexpress aus Düsseldorf endet in Löhne. Schienenersatzverkehr: Fehlanzeige. Mein Zahnarzt scheint manchmal Bahn zu fahren und zeigt Verständnis, der Zahn wird in der Mittagspause geflickt.

Am Freitag geht es dann wieder von Bielefeld nach Minden. Auf dem Weg zum Bahnhof denke ich kurz an die Gleisbauarbeiten und bin erleichtert, dass die ja nur bis Donnerstag gedauert haben. Ich dränge mich die Baustellentreppe hinunter. Wir erinnern uns: Als die Halbierung der Treppenbreite vor gefühlten sieben Jahren zu langen Staus führten, wurden die Kunden – ja, so heißen die auch bei der Bahn – von der Maßnahme überrascht. So mancher verpasste vor der Treppe seinen Zug. Autobahnbaustellen würden ja auch nicht vorher angekündigt, pampte damals ein Bahnsprecher Journalisten an, die die mangelnde Information kritisierten. Auf dem Bahnsteig angekommen wundere ich mich, dass der Zug noch nicht angezeigt wird, obwohl er doch in zwei Minuten abfahren soll.

Ah, zwei Minuten nach der geplanten Abfahrt erfahre ich, dass der Regionalexpress nach Minden etwa zehn Minuten Verspätung hat. Also vom zugigen Bahnsteig wieder über die Baustellentreppe in die Bahnhofshalle, die Erkältung soll sich nicht noch verschlimmern. Eine Anzeigetafel in der Halle hätte mir den Gang durch die Baustelle erspart, aber vielleicht hätte die ja auch die Verspätung für sich behalten. Staus auf der Autobahn werden ja auch nicht angekündigt.