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Unpolitische Waffenfreaks? (01.02.2006)





Auf der Anklagebank: (v.l.n.r.) Peter S. und Christian G. mit ihren Anwälten



Am vergangenen Donnerstag fand vor dem Amtsgericht Herford ein Prozess statt, dessen Hintergrund bundesweit Aufsehen erregt hatte. Die Anklage lautete auf Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Die Angeklagten wurden schuldig gesprochen, ein Maschinengewehr importiert und andere Waffen illegal besessen zu haben. Mit dem Kriegsgerät hatten die Angeklagten historische Schlachten nachgestellt, oft in SS-Uniformen. Immer wieder »spielten« sie zusammen mit bis zu achtzig anderen Personen »Leibstandarte Adolf Hitler«. Die Gesinnung der Angeklagten war allerdings kein Thema bei der Verhandlung, mit den Strafen war auch die Verteidigung einverstanden.


Von Mario A. Sarcletti

Ein bis fünf Jahre Haft sieht das Kriegswaffenkontrollgesetz vor, wenn jemand eine Waffe, die diesem Gesetz unterliegt, unerlaubt in die Bundesrepublik einführt. Es sei denn, es handelt sich um einen minderschweren Fall, dann hat das Gericht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu verhängen. Als einen solchen sahen sowohl Staatsanwaltschaft als auch das Gericht die Einfuhr eines Maschinengewehres MG42 an, das die Angeklagten Peter S. (33) und Christian G. (22) aus Bad Oeynhausen 2004 von Tschechien über die Grenze brachten.

»Das war eine einzelne Waffe. Und es war keine richtig gute, einsatzbereite Waffe«, begründete Staatsanwalt Sven Lauske in seinem Plädoyer, warum er neun Monate Haft auf Bewährung in diesem Anklagepunkt für Peter S. als ausreichend ansieht. Zudem habe sich S. in den Vernehmungen durch die Polizei als kooperativ erwiesen und damit Verfahren gegen andere Mitglieder des »Europäischen Darstellungsvereins für lebendige Geschichte« (EDLG) ermöglicht. Der war im November 2004 aufgeflogen, als bei bundesweiten Hausdurchsuchungen Waffen und NS-Insignien gefunden wurden. »Das sah erst mal sehr eindrucksvoll aus: Leute, die in SS-Uniformen herum laufen und dann auch noch ein Waffenlager habe«, beschreibt Lauske die erste Einschätzung der Strafverfolgungsbehörden.


»Brisanz nicht allzu hoch hängen«

Inzwischen sieht er das anders. »Man sollte das ganze Verfahren von seiner Brisanz nicht allzu hoch hängen«, findet der Staatsanwalt. Schließlich handle es sich beim EDLG um keine kleine konspirative Truppe, die Waffenlager angelegt habe, »um da umstürzlerisch tätig zu werden«. Wie die Truppe tätig war, beschrieb Peter S. zu Beginn der Verhandlung. Man habe Schlachten nachgestellt, erklärt er sein »Hobby«. Das »Spezialgebiet« der EDLG seien die Südstaatenarmee aus dem amerikanischen Bürgerkrieg und der 2. Weltkrieg gewesen. »Wir haben da den Feind dargestellt«, beschreibt er den Einsatz der Truppe im Ausland.

Die war auch im Inland aktiv, in Bad Oeynhausen, dem Herkunftsort der beiden Angeklagten, habe man acht Schlachten nachgestellt. »Da hat auch das Westfalenblatt positiv darüber berichtet, aber jetzt sind wir plötzlich die Bösen«, beschwert sich Schulz über die Medien. Insgesamt hätten die Hobbykrieger in den vergangenen Jahren unter anderem zehn Mal den amerikanischen Bürgerkrieg gegeben, zwölf Mal sind sie nach Angaben von S. als Waffen-SS aufgetreten. »Die Leibstandarte Adolf Hitler stellt einen kleine Teil der Auftritte dar«, erläutert S. das »Vereinsleben«.

Die Umgestaltung der Wehrmachts- zu SS-Uniformen beschreibt S. als recht einfach. Da wurde der »Ärmeladler« zum »Brustadler« umfunktioniert, später räumt er ein, dass auch SS-Runen angebracht wurden. »Aber die waren bis zur Veranstaltung immer abgeklebt«, sagt S. Überhaupt mag er offensichtlich nicht so richtig erkennen, was denn an seinem Hobby anrüchig.