Webwecker Bielefeld: mogelpackung

Freiheit als Mogelpackung (12.04.2006)



Am vergangenen Mittwoch beriet der Senat der Universität Bielefeld über den Entwurf für ein »Hochschulfreiheitsgesetz«. Das verspricht den Hochschulen mehr Autonomie, was diese seit Jahren befürworten. Der Senat lehnt den Gesetzesvorschlag dennoch ab, da sich seiner Ansicht nach hinter dem schönen Titel weniger Freiheit und auch weniger Demokratie verbirgt. Auch die Allgemeinen Studierendenausschüsse von Universität und Fachhochschule lehnen das Gesetz ab, das auch bei Personalräten auf massiven Widerstand stößt. Die »weiteren Mitarbeiter« der Universität verabschiedeten auf einer Personalversammlung am Donnerstag einen offenen Brief an den Landtag, in dem die Ablehnung kund getan wird.


Von Mario A. Sarcletti

Endlich herrschte mal wieder so etwas Konsens im Senat der Universität. Verglichen mit der Sitzung des Gremiums Anfang Februar, als es die Weichen für Studiengebühren an der Hochschule stellte, war die Senatssitzung am vergangenen Mittwoch ein Kuschelvormittag. Denn eigentlich waren sich alle Senatoren einig in der Ablehnung des Entwurfs für das »Hochschulfreiheitsgesetz« der Landesregierung, das am 1. Januar 2007 in Kraft treten soll. Diskussionen gab es nur darüber, wie die Kritik in einer Stellungnahme, die bis zum 18. April dem Ministerium vorliegen muss, verpackt werden soll.

»Es ist die Frage, ob man die Kritik in Watte verpackt, um die Lesewahrscheinlichkeit zu erhöhen«, brachte Raimond Anhut, Vertreter der wissenschaftlichen Mitarbeiter, das Problem auf den Punkt und beschrieb auch gleich die Gefahr, die eine solche Strategie mit sich bringt: »Wenn von 27 Hochschulen in Watte verpackte Stellungnahmen kommen, könnte das Ministerium denken, wir hätten gar nicht so viel dagegen«. Zur Verwendung von Watte riet vor allem das Rektorat, Rektor Dieter Timmermann empfahl der Grundordnungskommission, die die Stellungnahme vorbereitete, diese ausgewogen zu beginnen, »damit das Papier auch gelesen wird«. Die Senatoren folgten der Empfehlung, so ist die Beurteilung des Gesetzes als »Mogelpackung« aus dem Entwurf der Grundordnungs-Kommission gestrichen.

Die Vorlage wurde abgeschwächt, auch wenn einige Senatoren ihre Skepsis darüber äußerten, dass ein wie auch immer geartetes Papier überhaupt zur Kenntnis genommen wird. »Die Erfolgschancen sind gering, da sich die Regierung auch in anderen Fragen als beratungsresistent erwiesen hat«, sagte der Vorsitzende Neidhart Bulst bei der Sitzungseröffnung. Senator Ansgar Beckermann plädierte deshalb auch für offene Worte in der Stellungnahme. »Ich bin der Meinung, dass das Gesetz einen völlig falschen Weg geht, was die Struktur der Universitäten betrifft. Und wenn ich finde, das ist falsch, dann sage ich das auch«, erklärte der Philosophieprofessor, der sich den ein oder anderen Seitenhieb gen Düsseldorf nicht verkneifen konnte.


»Gängelung der Hochschulen«

Schon der Name des Gesetzes ermunterte die Senatoren zu Spitzen gegen die Landesregierung. »Der ist absurd und erinnert an Kontexte, die in diesem Zusammenhang besser nicht erwähnt werden sollten«, befand Neidhart Bulst. Für absurd wird der Name des Gesetzes von Kritikern deshalb erachtet, weil es das genaue Gegenteil dessen bringen könnte, was er verspricht. »Es führt zu einer Gängelung der Hochschulen, wie es sie schon einmal gegeben hat und die man überwunden glaubte«, stellte Bulst fest. Eine Mogelpackung eben.

Seine Kritik bezog sich unter anderem darauf, dass ein Hochschulrat – so etwas wie ein Aufsichtsrat - das höchste Gremium der Universität sein soll. Der wird aber nicht von Hochschulangehörigen gebildet, sondern entweder zur Gänze oder zur Hälfte von Externen.