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Vorsicht Falle! (03.05.2006)





Naziaufmarsch in Bielefeld anlässlich der Wehrmachtsausstellung: Auch dieses Bild ist Teil der Ausstellung





Seit vergangenem Freitag ist im Polizeipräsidium die Wanderausstellung »Die braune Falle« zu sehen. In sechs Stationen zeichnet darin das Bundesamt für Verfassungsschutz die »Karriere« eines Rechtsextremen nach. Multimedial sollen sich in der Schau vor allem Schüler und Jugendliche über die rechte Szene informieren. Der Rechtsextremismusforscher Wilhelm Heitmeyer von der Universität Bielefeld glaubt aber, dass die Ausstellung »Wackelkandidaten« nicht erreicht. Bei der Ausstellungseröffnung kritisierte er zudem Kurzschlüsse, die nur Jugendarbeitslosigkeit für den Anstieg rechtsextremer Straftaten verantwortlich machen.



Von Mario A. Sarcletti

In einer Ecke des Foyers des Bielefelder Polizeipräsidiums steht seit vergangenem Donnerstag ein Skinhead-Dummy mit rechtsradikalem Outfit, den Baseballschläger geschultert. Hinter der Puppe läuft der Mitschnitt eines Konzerts einer Nazi-Band. Die Kapelle steht vor einer SS-Fahne, das Publikum reißt immer wieder den rechten Arm hoch. Gott sei Dank erspart das Bundesamt für Verfassungsschutz, das bis zum 12. Mai die Ausstellung »Die braune Falle« im Polizeipräsidium präsentiert, den Besuchern der Schau den Ton zum Video, es ist so schon gruselig genug. »Das machen wir bewusst ohne Ton, um nicht Werbung für die Szene zu machen«, erklärt Monika Ullmann vom Verfassungsschutz. Mit ihrem Kollegen Guido Weiler steht sie während der Ausstellung als Ansprechpartnerin für Fragen zur Verfügung.

Gruselig sind auch die Vitrinen, die Anschauungsobjekte aus der rechten Szene enthalten. Neben Waffen, die bei Rechten beschlagnahmt wurden, sind unter anderem der Leuchter-Report zu sehen, der die Shoah »wissenschaftlich« bestreitet, daneben anderes Propagandamaterial von Rechtsextremen. Ein Bierkrug trägt die Aufschrift »Meine Ehre heißt Treue«, den Zinndeckel zieren SS-Runen. Skurril ein Herren-Slip, auf den ein Spermium un der Slogan »White Power« aufgedruckt sind.

Auch wenn das Video ohne Ton läuft, gibt es in der Ausstellung Nazi-Musik zu hören. An einer Hörstation werden drei Songs per Kopfhörer zur Verfügung gestellt. »Es passiert schon mal, dass ein Jugendlicher sagt: Ey geil«, beschreibt Monika Ullmann die seltsame Haltung mancher Besucher der Ausstellung. Auch bei einem Besuch der Ausstellung am Samstag ist ein junger Mann mit Thors-Hammer um den Hals und auf dem T-Shirt auffallend an dem Computerterminal interessiert, an dem die Welt der rechtsextremen Internet-Versande recht anschaulich dargestellt wird.

Den Hauptteil der Ausstellung »Die braune Falle« bilden sechs Bereiche mit Bannern, Texttafeln, Videos und Bildschirmen, auf denen sich die Besucher der Ausstellung über die rechtsextreme Szene und ihre Gewalt, ihre Ideologie und ihre Lebenswelt informieren können. Der letzte Teil der Ausstellung ist dem schwierigen Ausstieg aus der Szene gewidmet, zwei Ex-Nazis berichten hier von ihrem Weg in die Szene und den Bedrohungen, den die Trennung von ihr bedeutet.


Nur genervte Jugendliche?

Als Beispiel verwendet die Ausstellung einen fiktiven Jugendlichen, dem ihre Macher den Namen Mario S. gegeben haben. Was den in die Naziszene führte, beschreiben Texttafeln im Bereich »Der Suchende« so: »Niemand interessierte sich für das, was ich tat«, klagt Mario S. Seine Eltern interessierten »sich nicht wirklich« für seine Problem, er habe nur wenige Freunde und die Schule langweile ihn, erklären die Ausstellungsmacher. Dort gebe es immer die gleichen Sprüche: »Dass es so schlimm war im ‚Dritten Reich’ und mit der Judenverfolgung«. Das alles nerve Mario S., Rechtsextreme nutzten diesen Frust und die Orientierungslosigkeit von Jugendlichen. »So werden die Weichen gestellt. Weichen für den Weg in die braune Falle«, meint das Bundesamt für Verfassungsschutz.