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Broschüre über Holocaustleugner erschienen (07.06.2006)



In den 70er Jahren gehörte Werner Georg Haverbeck zu den Gründern der Grünen. In den 80ern ließ der ehemals hochrangige Nazifunktionär seine recht durchsichtige grüne Maske fallen, heute ist das aus dem Weltbund zum Schutz des Lebens entstandene Collegium Humanum in Vlotho das Zentrum der Holocaustleugnung im Land. Eine äußerst informative Broschüre beleuchtet jetzt Macher, Gäste und Verbindungen der »Akademie für Umwelt- und Lebensschutz«. Sie stellt aber auch die Frage, warum Polizei und Staatsanwaltschaft dem rechtsextremen Treiben auf dem Winterberg nicht entgegentreten.



Von Mario A. Sarcletti

»Vlotho ist eine Stadt der Bildung«, schreibt der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Spanier im Vorwort der Mitte Mai erschienen Broschüre »Collegium Humanum – von der NS-Reichsleitung zum Zentrum der Holocaustleugnung«. Tatsächlich verfügt die Stadt an der Weser über eine hohe Dichte an Bildungseinrichtungen, die, wie Spanier schreibt, »der Stärkung und Weiterentwicklung der deutschen Demokratie verpflichtet sind«. Da ist es eine Ironie des Schicksals, dass seit 1963 auf dem Winterberg eine »Bildungseinrichtung« existiert, die seit Jahren ganz offen für die Zerschlagung der Demokratie eintritt. So lautete etwa der Titel eines Seminars in der »Heimvolkshochschule« im vergangenen Jahr »Das Deutsche Reich als Reich der Freiheit oder die Zukunft der Demokratie ist ihr Untergang«. Referent war wieder einmal der einschlägig vorbestrafte Rechtsextremist Horst Mahler.

Ebenfalls im vergangenen Jahr wurde das Treiben im Collegium Humanum Vlothoer Bürgern aber auch zu bunt – oder eben zu braun. Ein breites Bündnis aus Parteien, Schulen, den Bildungseinrichtungen eben, Kirchengemeinden und verschiedenen Initiativen mobilisierte zu einer Großdemonstration gegen das Haus, in dem im November 2003 der »Verein zur Rehabilitierung der wegen des Bestreitens des Holocaust Verfolgten« gegründet wurde. »Das ist eine internationale Sammlungsbewegung von Holocaustleugnern, die dort auch regelmäßig Veranstaltungen machen, bei denen Antisemitismus verbreitet und der Holocaust geleugnet wird«, weiß Bernhard Wagner von der Bielefelder Antifa West, der zusammen mit anderen Autoren die äußerst informative Broschüre erstellte, über den Verein mit dem kruden Namen.

Das Heft erklärt auf dreißig Seiten den Hintergrund des Gründers des Collegiums, Werner Georg Haverbeck. Der trat bereits 1926 in die NSDAP ein, stieg von der Reichsleitung des »Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes« in die der Partei auf. Nach dem Krieg schloss er sich den Anthroposophen an und versuchte über den »Weltbund zum Schutze des Lebens« völkische Ideen in die Umweltschutzbewegung einzubringen. In den 70er Jahren war der Professor an der Fachhochschule Bielefeld gar Berater für umweltpolitische Fragen des SPD-Politikers Egon Bahr. 1984 schließlich wurde offensichtlich, welcher Geist im Collegium herrscht, als sich ein »Komitee zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag Adolf Hitlers« auf dem Winterberg traf.


»Wohlhabendes Publikum mit akademischen Berufen«

Die Broschüre setzt sich aber nicht nur mit dem 1999 verstorbenen Haverbeck und seiner Witwe auseinander, sie beleuchtet auch diejenigen, die an Wochenenden zu Seminaren in das Collegium reisen. Die Liste der Referenten und Teilnehmer liest sich wie ein Who is Who der Holocaustleugner, sie entsprechen aber nicht unbedingt den Klischees, die über Neonazis verbreitet sind. »Bei den meisten Veranstaltungen ist das eher ein wohlhabendes Publikum mit akademischen Berufen«, erklärt Bernhard Wagner.