Webwecker Bielefeld: Video02

Spiel mir das Lied vom Tod



Die Polizeistatistiken belegen die Aussagen der Grünen. Im Jahr 2000 kam es im Bereich des Parks zu sechs erheblichen Delikten, dass sind zwei Prozent aller in diesem Jahr verübten Straftaten. Im Jahr 2001 hingegen – in dem der Ravensberger Park nahezu komplett videoüberwacht wurde – stieg die Zahl der Straftaten sogar auf neun. Insgesamt minimale Verschiebungen, die so oder so die Formulierung ›Kriminalitätsschwerpunkt‹ nicht rechtfertigen. Der Verein FoeBuD (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs) führt den Rückgang der Straftaten im Jahr 2000 – also vor Einschaltung der Kameras – auf andere Maßnahmen zurück: Sträucher wurden zurückgeschnitten, eine Ruine entfernt, neue Beleuchtung installiert. An anderen Orten in Bielefeld seien zeitgleich bessere Angebot für Suchtkranke gemacht worden. Für den Verein FoeBuD war das Pilotprojekt Videoüberwachung »objektiv nicht erfolgreich«. Den im Juli vom Innenministerium veröffentlichte »wissenschaftlich falsche« Bericht über den Pilotversuch hält der Verein für eine unverantwortliche Grundlage, das Polizeigesetz in Nordrhein-Westfalen zu ändern. Das Innenministerium berät zur Zeit auf Grundlage des Pilotprojekts in Bielefeld, Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten in öffentlichen Räumen gesetzlich zu verankern.






Kommentar



Bei näherem Hinschauen stellt sich die Situation im Ravensberger Park anders dar, als CDU und BfB den Bielefelder Bürgern einreden wollen: Die Gruppe von Obdachlosen, Alkoholikern und Konsumenten anderer Drogen versammelte sich bis zur Razzia in der vergangenen Woche tagsüber regelmäßig im hinteren Teil des Parks – der auf Grund ihrer Anwesenheit sogar als ›Tal des Todes‹ tituliert wurde. Sie blieben unauffällig, die Polizei griff dennoch ein. Inzwischen ist der Platz verweist, die Szene ist weitergezogen. Keinen erkennbaren Zusammenhang gibt es auch zu der Vergewaltigung: Sie geschah nachts und außerhalb des Parks, die vergewaltigte Frau war auf ihrem Nachhause-Weg aus der ›Alten Hechelei‹. In der ›Neuen Westfälischen‹ hingegen wurde durch zwei Berichte vom 4. September suggeriert, es gebe einen Zusammenhang: Die Artikel über die Razzia und die Vergewaltigung wurden nebeneinander platziert, in der Mitte ein Bild, dessen Untertext ebenfalls einen Zusammenhang herstellte. Diese Form von Journalismus arbeitet denjenigen Politikern zu, die einen ›sauberen‹ Park haben wollen und dafür auch nicht vor der Kreation vergewaltigender, Drogen-an-Kinder-verkaufender Menschenmonster zurückschrecken.

BfB und CDU wollen mittels ihres Privatisierungsvorschlags einen Bürger-Park, der den Begriff ad absurdum führt. Öffentlicher Raum ist prinzipiell für alle da. Die Selektion eines Teils der Bevölkerung deklassiert diese zu Nicht-Bürgern. Im Park sollen dann nur noch die verweilen, die der Stadt genehm sind. Mittels Videokameras soll das dann überwacht werden. Eine Absicht, die gleich in doppelter Weise Rechte des freien Individuums angreift. Gelebte Demokratie braucht öffentliche Räume, in denen ohne Überwachung agiert werden kann.