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Zweierlei Israel (Teil 4)



Gremliza als eingeschränkter Bellizist – in bestimmten Situationen ist Krieg schon mal nötig – sieht sich als scharfer Analytiker und gefällt sich auch in der Rolle des Propheten, oder um es weniger theologisch auszudrücken: desjenigen, der auf Grund seiner herausragenden Kompetenz, die Welt umfassend zu verstehen, Situationen antizipieren kann. Was ihm fehlt, ist die Fähigkeit zur Differenzierung. Er versteht sich eher auf Differenz, auf die ideologisch gezimmerte Gegenposition. Er pflegt einen Salonsozialismus, fein garniert mit pikanten Phrasen. Zwar setzte er sich neben Zuckermann aufs Podium, ließ es allerdings nicht wirklich zu einer Auseinandersetzung kommen. Vor allem setzte er sich nicht mit seinen eigenen Positionen auseinander und benutzte merkwürdigerweise die Hälfte seiner Redezeit, um Zuckermann zu zitieren. Und dies, obwohl Zuckermann neben ihm saß und durchaus in der Lage war, selbst zu sprechen. Kommunikation, die etwas bewegt, spricht sich anders aus.

Ebermann nun sah an diesem Abend seine Rolle als Mann des Ausgleichs. Er wendete sich klar gegen jede Form von Kriegslüsternheit; konstatierte, dass diese sich aber inzwischen in Deutschland sogar von dem Argument der unbedingten Existenz Israels gelöst habe. Andererseits regelte er seine Unterschiedlichkeiten mit Zuckermann geschickt mit der Einführung der Figur der Sprechorte, durchaus hilfreich, um unterschiedliche Bedeutungen von Gesagtem je nach historisch-kulturellem Kontext zu verstehen. Sein Postulat, in Deutschland nicht gegen die israelische Regierung demonstrieren zu dürfen, solange dabei mehr Teilnehmer als bei einer Demonstration gegen Möllemann zu finden sein, greift allerdings ins Leere: Eine wichtige qualtitative Frage wie das Problem Israel-Palästina lässt sich nicht quantitativ beantworten. Ob 2000 Menschen für Palästina demonstrieren, aber nur 1000 gegen Möllemann, und daraus dann politische Verkehrsweisen abzuleiten, ist unangebrachte Erbsenzählerei.

Ingesamt aber erscheint die Debatte innerhalb der »Linken« in Deutschland – wer ist das überhaupt, jeder vom Sozialdemokraten bis zum Autonomen kann sich so nennen – wie eine überflüssige Geistergeschichte, weil sie inhaltlich nichts bewegt. Bereits vor 15 Jahren stritten zwei Richtungen miteinander, als die Hafenstraßenbewohner den Warenboykott Israels forderten. In der Rückschau muss gesagt werden: Viele Worte, wenig Ergebnis. Die Forderung nach einem Boykott eines ganzen Landes und all seiner Einwohner war und ist schlichter Blödsinn. Andererseits war und ist es Blödsinn, hierzulande diejenigen als Antisemiten zu bezeichnen, die die Politik der israelischen Regierung kritisieren. Wer sich auch nur ein bisschen in der »linken« Szene auskennt, kennt die Scheinargumente. Bereits vor 15 Jahren gab es primär eine Solidarität mit dem pälästinensischen Volk und Basisorganisationen dort. Vor allem kommunistische Gruppen und Parteien hielten palästinensische Parteien wie die PFLP hoch oder verstiegen sich sogar, eine ethnisch-elitäre Organisation wie die Al Fatah Arafats zu unterstützen. Und in den 90ern gab es mit dem Scheitern zahlreicher nationaler Befreiungsbewegungen weltweit auch einen Prozess der Entmystifizierung dieser innerhalb der »Linken« in Deutschland, der die Zahl derjenigen, die sich mit Parteien mit national-ethnischen und mal mehr, mal weniger sozialistischem Profil solidarisierten, weiter reduzierte. Als wenn die Mehrheit der Linken so dumm wäre, nicht zwischen PLO und Emanzipation deutlich unterscheiden zu können.